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Ein grundlegender Richtungswechsel der ökonomischen und gesellschaftlichen Entwicklung ist notwendig10/20/2019 Unsere wirtschaftspolitischen Ziele in Hamburg orientieren sich an den Bedürfnissen der Bevölkerungsmehrheit und nicht an Bereicherungsinteressen der oberen Zehntausend. Die Überwindung der sozialen und der Klimakrise erfordert eine andere Wirtschaftsordnung, die nicht mehr vom Streben nach maximalem Profit beherrscht wird, in der wir die Digitalisierung der Arbeitswelt als Chance nutzen.
Ein grundlegender Richtungswechsel der ökonomischen und gesellschaftlichen Entwicklung ist notwendig, also ein sozial-ökologischer Umbau. Dies muss verbunden werden mit einer Politik zur Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen. Die soziale Sicherung und die öffentlichen und sozialen Dienstleistungen müssen aus- statt abgebaut werden. Die Umverteilung von unten nach oben muss gestoppt und umgekehrt werden. Der Finanzsektor muss demokratischer Kontrolle unterworfen werden. Die Schuldenbremse verhindert parlamentarischen Einfluss und verschärft den Privatisierungsdruck - auch deshalb gehört sie abgeschafft. Statt Privatisierung muss der öffentliche und gemeinwirtschaftliche Sektor wieder erweitert werden. Die Arbeitsgruppe Wirtschaftspolitik im Landesverband DIE LINKE in Hamburg ist der Überzeugung, dass eine krisenfreie, soziale, ökologische und friedliche Wirtschaftsordnung möglich ist. Dafür setzen wir uns in den gesellschaftlichen und politischen Kämpfen ein! Unsere derzeitigen Arbeitsschwerpunkte:
Im nachfolgenden Text sind zu acht verschiedenen ökonomischen Bereichen in Hamburg Zahlen zusammengetragen, die sich verstreut im Internet befinden. Die Zahlen bieten einen knappen Überblick über die Reichtumsproduktion und die Reichtumsverteilung in Hamburg. Auf der Grundlage der zusammengetragenen Daten wurden neun Thesen für eine politische Strategie der Linken in Hamburg formuliert. Überlegungen zur Herangehensweise beim Finanzierungsinstrument „Haushaltsumschichtungen“
I. Grundprobleme 1. Man wird deutlich sagen müssen, was wir aus politischen Gründen nicht wollen (umgeschichtet) und was wir aus ökonomischen Gründen nicht für vertretbar sehen. 2. Dass politische und wirtschaftlichen Begründungen gleichermaßen für einen Verzicht sprechen (im Rahmen einer Umschichtung) und uns widerspruchsfreie Position ermöglichen, dürfte eher selten sein. (so zum Beispiel bei Fragen der Rüstung, die politisch und ökonomisch –„mit einer Mill. in Rüstung schafft man weniger Arbeitsplätze als in ziviler Produktion“ –gleichermaßen unergiebig sind). 3. Es wird komplizierter: Bekanntlich setzt neoliberale Bekämpfung von AL immer am Arbeitsmarkt direkt an („niedrigere Löhne schaffen mehr Beschäftigung“). Wir kritisieren das zu Recht. ABER: a. Ist unsere Kritik politisch oder ökonomisch begründet? b. Wenn der Neoliberalismus die Bekämpfung von Arbeitslosigkeit immer unmittelbar am Arbeitsmarkt direkt vornimmt mit „Lohnsenkung“ und wir auf der gleichen methodischen Ebene halt „Löhne rauf“ erwidern, akzeptieren wir da nicht doch, dass Bekämpfung von AL eben am Arbeitsmarkt direkt ansetzen muss? (der Neoliberalismus gibt also die prinzipielle Lösungsebene vor, auf der auch wir uns wiederfinden?!) Dass das die falsche Strategieebene ist, lehrt aber gerade das Versagen des Neoliberalismus Ende der 20er Jahre des vorigen Jahrhunderts, auch gegenwärtig - und eben auch die Wirtschaftswissenschaften (Keynes) c. Auf unser Thema bezogen: Was passiert, wenn wir Haushaltsumschichtungen zugunsten von Ausgaben anstreben, die direkt den Armen, Arbeitslosen zugute kommen. Dafür „streichen“ wir Ausgaben, die nicht direkt den Armen, Arbeitslosen zugute kommen. Aber: Hätten die gestrichenen Ausgaben etwa keine positiven Arbeitsmarkteffekte gebracht? Wer schafft denn die Wertschöpfung? Also: Die Streichung von Ausgaben reduziert immer auch Beschäftigung = die übersehene „Gegenrechnung“ von politisch gewünschten „Streichungen“. d. SCHLUSSFOLGERUNG: Unser Thema zwingt, immer auch die mittelbaren also indirekten Effekte mitzudenken. Denn es ist der Neoliberalismus, der seine Attraktivität auch seiner „Einfachheit“ verdankt, immer nur direkt, „einfach“, für jeden nachvollziehbar“, aus dem Alltag heraus zu argumentieren. (Hand auf`s Herz: Wenn Ihr jemanden bei Euch einstellen wollt- nehmt Ihr nicht auch den billigeren von zwei gleichen Bewerbern (weibliche Form mitdenken)? Aber gerade die „Ökonomie“ verlangt gedanklich mehr. 4. Dass das keine abwegige Argumentation ist, soll nur dadurch belegt sein, dass Beurteilungen, die „nur“ am Arbeitsmarkt direkt ansetzen, immer auch die neoliberale (besser: neoklassische) Herangehensweise (Methodik!) repräsentieren, während die mittelbaren Arbeitsmarktwirkungen – im Falle der Umschichtung kommt es auch zu Streichungen, so dass diese also negativ ausfallen –gerade das Feld der keynesianischen Sichtweise repräsentieren: Schichte ich um, habe ich positive unmittelbare Effekte, „erklärt durch eine neoliberale Analytik“ und negative mittelbare Effekte, „erklärt durch eine keynesianische Analytik“. Zum Verständnis: Ist von Neoklassikern(Neoliberalen) jemals zu hören, dass sie wegen ihres Plädoyers für niedrige Löhne Sorge machen um die Arbeitsplätze, die wegen sinkender Kaufkraft in nachgelagerten Bereichen (Einzelhandel etc) dann weg fallen? Sorgt sich Schlecker um die Nachfragewirkung, wenn seine neuen Leiharbeiterinnen nur noch den halben Lohn in den Schleckerfilialen erhalten? 5. Für unsere sozialorientierte Politik kommt es darauf an, wie wir die Arbeitslosigkeit verursacht sehen: Wenn sie Folge von Krisen ist, muss an den Ursachen angesetzt werden – und die sind nicht am Arbeitsmarkt und bei den Arbeitslosen selbst zu finden, sondern z.B. an dem Wegbrechen von Arbeitsmengen(Arbeitsvolumina). Mit Keynes verbinden wir ja gerade das intellektuell anspruchsvollere Denken in komplexen Zusammenhängen: Nämlich Arbeitslosigkeit (und Armut) nicht verursacht zu sehen unmittelbar auf dem Arbeitsmarkt und bei den Arbeitslosen und Armen (das ist die neoliberale bzw. folglich dann auch eine „linke“ Sicht), sondern in den Funktionsdefiziten der Gütermärkte und „falscher“ Einkommensverteilung. 6. Diese komplexere Sichtweise wird übrigens längst schon von der herrschenden Politik angewandt: Wir haben es beispielsweise bei der Clusterpolitik, bei der sog. Standortpolitik, und – das sei mal so fachlich hinzugefügt -in der neuen „geografischen Ökonomie“ ( P.Krugman) , die die Urbanisierungspolitik und vor allem die Regionalpolitik revolutionierte: Die neue Regionalpolitik hat zentral bereits die Berücksichtigung der sog. Externen Effekte als Agglomerationsvorteile verarbeitet. Nur kurz ein Beispiel: Die Konzentration z.B. von qualifizierten Arbeitskräften schafft Kaufkraftvorteile für indirekt davon begünstigte Wirtschaftszweige und fördert somit deren Ansiedlung. Gleichzeitig profitiert indirekt begünstigtes Gewerbe vom zentralen Arbeitskräftepool eines urbanen Raumes. 7. Genauer: Eine Haushaltsumschichtung darf also nicht nur den „Kern“ der zur Disposition stehenden Ausgabenänderungen prüfen, sondern jeweils vor- und nachgelagerte Bereiche nicht übersehen. Dazu ein Beispiel: Eine Studie (IFO-Institut) über Kunst- und Kultureinrichtungen in Kassel, Essen und München kommt zu dem Ergebnis, dass die staatliche Unterhaltung von Theatern ein reiner Subventionsfall ist. Wenn aber vor- und nachgelagerte Bereiche berücksichtigt werden, erhält der Staat netto sogar Einnahmeüberschüsse. “Somit rechnen sich staatliche Kulturausgaben“(Fazit des Gutachtens)- aber erst, wenn vor- und nachgelagerte Bereiche berücksichtigt werden. 8. Was heißt das ? a. Erfasst man nur den Kernbereich, ist die Unterhaltung von „Kultur“ ein staatliches Verlustgeschäft. Also müssen aus ökonomischen Gründen staatliche Theater geschlossen werden, ihre Erhaltung ist dann nur aus politischen Gründen gerechtfertigt ( Siehe den sog. Widerspruch oben) b. Erfasst man Kernbereich u n d vor- und nachgelagerte Bereiche, erhält „der Staat“ netto einen Einnahmeüberschuß. In diesem Fall sind ökonomische u n d politische Gründe für die Erhaltung der Theater kongruent. 9. Das Finanzierungsinstrument der Haushaltsumschichtung muss also – seriöser Weise diese Ausbreitungseffekte von Haushaltsumschichtungen bei Streichungen und Zuführungen bedenken, sonst bliebe die Begründung von Haushaltsumschichtungen auf der populistischen Erscheinungsebene. bzw. „nur“ politisch begründet. 10. Ein weiteres Argument ist: Zu prüfen ist, welche staatlichen Ausgaben komplementäre private Investitionen nach sich ziehen. Streicht man Ausgaben, für die dies zu erwarten ist, und führt diese Summen einer Verwendung zu, zu der keine oder nur wenige private Investitionen komplementär erwartet werden, kommt es insgesamt zu einem Beschäftigungsrückgang. 11. Damit kann man leben und das politisch/soziale Profil stärken. Wir haben „nur“ dann das Problem, dass eine HH-Umschichtung ökonomisch „falsch“, politisch aber „richtig“ ist. Was ist aber sach- und fachgerechte Sozialpolitik? II. Weitere Kriterien- die Feinabstimmung 1. Wenn im Rahmen von HH-Umschichtungen staatliche Ausgaben gestrichen werden, ist zu klären: Kommt es zur Kompensation durch private Ausgaben/Fördergelder etc, oder unterbleibt mit der Streichung dann die gesamte Aktivität? 2. Bei HH-Umschichtungen – also „Streichungen“ und „dafür zusätzliche Ausgaben woanders“ ist jeweils die Struktur (Aufteilung) in Personal- und Sachausgaben zu bedenken: Streiche ich einen Titel mit hohen Personalausgaben und verwende die Mittel für einen Titel mit hohen Sachausgaben, erhöht sich kurzfristig die Arbeitslosigkeit. Hieße umgekehrt: Bei gleichen Summen des Streichens und Erhöhens könnte ich kurzfristig höhere Beschäftigung schaffen bzw. wäre hierin ein Kriterium für eine sozialorientierte Spar-/Umschichtungsstrategie zu sehen III. …und nun die Provokation: Ein „Ja“ für die Elbphilharmonie ? 1. (leider alte Zahlen aus meinem Buch „Ein Standort…)Hamburg hat 1991 55 Mio. „Gäste“! = Tagesdurchschnitt von 150.000. Diese haben konsumtive Ausgaben von 3,4 Mrd. getätigt. 40 % davon für Käufe im HH Einzelhandel. Kein Wunder also: Die am 8.1.2010 veröffentliche Stellungnahme des HH Einzelhandels zeugte von überraschend gut verlaufendem Weihnachtsgeschäft im Hamburger Einzelhandel. Ohnehin ist – einmalig in Deutschland – der Sommer im Hamburger Einzelhandel (vor allem in den Passagen u.ä,) sehr ertragreich. Grund: Hamburg-Besucher. Und das Deutsche Wirtschaftswissenschaftliche Institut für Fremdenverkehr schätzte, dass die Ausgaben der Hamburg-Touristen bei weitem deren Übernachtungs- und Beherbergungskosten überschreiten 2. Wir nähern uns der Elbphilharmonie…:Das IFO- Institut hat in einem Gutachten über die „volkswirtschaftliche Bedeutung von Kunst und Kultur“ „normale“ und „festliche“ Theaterbesuche (hochpreisige Premieren, „höherwertige“ Aufführungen, etc) untersucht und festgestellt, dass bei festlichen Theaterbesuchen die Nebenausgaben – Bewirtung, Ausgaben für Medienerzeugnisse(Literatur, früher Schallplatten, jetzt CD und DVD) zum aufgeführten Kulturthema, Beherbergungszahlen, - doppelt so hoch sind (und eine andere Struktur haben).als bei „normalen“ Veranstaltungen. Daraus ergaben sich Beschäftigungsmultiplikatoren, die auch unterschiedlich waren: Bei „normalen“ Besuchen waren sie 1,6, bei festlichen 1,8.MaW: Aus Zusatzausgaben entstehen Zusatzeinkommen und damit Zusatzbeschäftigung. Oder Umgekehrt: Streichungen wegen Umschichtungen führen zu zusätzlichen Ausgabenrückgängen, zusätzlichen Einkommensreduzierungen und zusätzlicher Arbeitslosigkeit 3. Das hieße: „festliche“ Kulturveranstaltungen in staatlichen Kultureinrichtungen schaffen relativ hohe Nebenausgaben; „normale „ Veranstaltungen weniger und am wenigsten die „normalen“ in privaten Theatern. Folglich auch entsprechend unterschiedliche Multiplikatoren, die demnach bei der Elbphilharmonie am höchsten wären… 4. Nimmt man mal z.B. die Elbphilharmonie: Wenn das zu „festlichen“ Kulturbesuchen führt, hätten wir überdurchschnittliche Nebenausgaben (aber nur jene sind zu zählen, die auch diesem Anlass zuzurechnen sind = schwierig!). Genauer: Nebenausgaben der Theaterbesucher sind nur dann zu berücksichtigen, wenn ihnen entweder eine Erhöhung der Konsumquote der Theaterbesucher entspricht, oder wenn es sich um Ausgaben Auswärtiger Bewohner handelt, die ohne den Elbphilharmoniebesuch (mein stichelnder Beitrag) nicht erfolgt wären. Entscheidend ist, dass die Besucher Nebenausgaben tätigen, die vom Theater induziert sind und an anderer Stelle nicht zu Minderausgaben führen 5. Eine Streichung von Subventionen für Staatstheater – so das IFO-Institut –und Verwendung dieser Gelder für kleine Privattheater führt netto zu einem höheren Beschäftigungseffekt, weil mit gleicher Summe in kleinen Privattheatern mehr Künstler beschäftigt werden. Der Grund: Die Künstler bei Privattheatern sind wesentlich billiger. Das Ergebnis: Durch Umschichtung von 10 Mio. öff. Zuschüsse von öffentlichen zu privaten Theatern ergibt sich ein Rückgang von 130 Künstlern bei öffentlichen Theatern, denen ein Beschäftigungsgewinn von 300 bei Privaten gegenübersteht. Netto ein Beschäftigungsgewinn von 130. Aber: - (so das IFO):dieser Beschäftigungsgewinn „lebt“ davon, dass „private“ Künstler auch billiger bleiben, also durch „Selbstausbeutung“ bzw. „Selbstsubvention“ über Jobs (Kellnern etc) billig bleiben und i.d.R. keine Altersversorgung haben - die „Rückflüsse“ an den Staat sind auch geringer (die Selbstfinanzierung also geringer), weil aus billigen Künstlerjobs bei Privattheatern auch anteilig wenig oder keine Lohnsteuer und Sozialabgaben gezahlt werden - Das IFO schließt nicht aus, dass die Umschichtung finanziell zu geringeren staatlichen Rückflüssen führt und sich daher diese Umschichtung „nicht lohnt“, obwohl es netto einen Beschäftigungsgewinn gegeben hat.. Gleichwohl gilt „Zitat“: Eine Staatsausgabe für Kunst und Kultur sorgt dafür „das mit jeder zusätzlichen Million bis zu 1,4 Mio. zusätzliches Einkommen in der Region hervorgerufen wird. Kürzungen oder Umschichtungen würden also auch negativ wirken Für die Arbeitsplätze war das Ergebnis Zitat: „Zwei zusätzliche Arbeitsplätze durch direkte Ausgaben schaffen einen weiteren Arbeitsplatz in der übrigen Wirtschaft“ 6. Selbst wenn man niedrigere Multiplikatoren ansetzt, kann man auch bedenken: Bestimmte Ausgaben (nicht alle!) können zusätzliche Besucher o.ä, anlocken, die einkommenssteigernde Wirkungen haben. Und das kann noch zusätzliche Effekte verursachen. So ist die Oper in Oslo- ein faszinierender Bau - am Tage ein hoch frequentierter Touristenmagnet - ähnlich wie bisher nur das „Kon-tiki-Museum, Munch-Museum und ein Skulpturenpark 7. Ein weiteres Beispiel aus meinem Buch „Ein Standort…:: Die „sail 89“ hat 3 Mio. Besucher nach HH gebracht, obwohl HH nur 1,7 Mio. Bewohner incl. Säuglinge hat. Das DWIF rechnete HH vor: „das für jede in die Tourismusförderung gesteckte Mark das zehnfache an Steuern zurückbekommt“ (Quelle: Wirtschaftsanalyse 2/90 S. 14) IV: Fazit 1. Umschichtung ist immer auch Streichung: Es sind unter Beschäftigungsaspekten gerade in Zeiten der Massenarbeitslosigkeit Abwägungen offen zu legen 2. Es sollte bei Umschichtungen explizit der politische und der ökonomischeBegründungszusammenhang benannt werden bzw. welches Argument die Priorität (und warum?) erhalten hat. 3. Bei HH-Umschichtungen stellen sich immer Alternativen; und bei Streichen und Finanzieren sind b e i d e Seiten zu bedenken. 4. Das dafür notwendige Denkmuster ist „das Denken in Kreislaufzusammenhängen“. Genau dies ist mit der neoliberalen Herausforderungen bewusst verschüttet worden. Seitdem ist der niedrige Lohn gut für den, der unmittelbar einstellt. Was das für weitere Folgen hat im Kreislaufzusammenhang, ist nicht neoliberale Sicht. 5. …sollte aber unsere sein Rainer Volkmann AG Wirtschaft Haushalt Finanzen 13.1.2010 Zusammenfasssung: Die Bankenkrise ist der realwirtschaftliche Ausdruck dafür, dass das in den 30 Jahren der neoliberalen Akkumulationsphase angehäufte Kapital nicht angemessen verwertet werden kann. Dieses Kapital, das keiner angemessenen kapitalistischen Verwertung zugeführt werden kann, muss durch Abschreibung oder Inflation aus der Welt geschafft werden bevor die kapitalistische Akkumulation wieder anlaufen kann.
Die Weltwirtschaftskrise ist die erste konjunkturelle Krise des Kapitalismus im globalen Maßstab. Die Weltwirtschaftskrise wäre auch ohne Bankenkrise eingetreten. Sie hat wie jede konjunkturelle Krise die Funktion aufgebaute Überkapazitäten abzubauen. Der Versuch überflüssige Produktionskapazitäten durch Staatsinterventionismus weiter arbeiten zu lassen zögert die Anpassung der Produktionskapazitäten an die Aufnahmefähigkeit der Absatzmärkte nur hinaus. Die bürgerlichen Regierungen haben in den verschiedenen Ländern unterschiedliche Lösungsansätze für die Krise. Offensichtlich sind die USA und die führenden Ökonomien der EU jedoch der Meinung, dass sich die Krise im Rahmen des neoliberalen Akkumulationsmodells lösen lässt. Praktisch bedeutet das für die USA, dass der Staatshaushalt weiter über die internationalen Kapitalmärkte finanziert werden soll, während Deutschland auch in Zukunft alleine auf die Produktion für den Weltmarkt setzt. Aus linker Sicht ist die einzig angemessene Lösung für die Bankenkrise die staatlich angeordnete und durchgeführte Insolvenz des privaten Bankensektors. 1. Ursache und Funktion der Weltwirtschaftskrise 1.1. Die internationale Bankenkrise Warum ist die Funktion der Banken für das reibungslose Funktionieren der kapitalistischen Wirtschaft unverzichtbar? Im Kapitalismus gibt es eine theoretisch unbegrenzte Zahl von Kapitalisten und eine ebenso potentiell unbegrenzte Zahl von Lohnabhängigen. Im normalen Geschäftsverlauf erzielen die Kapitalisten mit ihrem eingesetzten Kapital einen Profit. Von diesem Profit bestreitet der Kapitalist seine persönlichen Konsumbedürfnisse und die notwendigen Investitionen in seinen Betrieb. Während die Bedürfnisse des Kapitalisten übers Jahr ähnlich hoch bleiben, schwankt der Bedarf an Investitionsmitteln erheblich. Ein Bratwurstfabrikant kauft sich nicht jedes Jahr neue Bratwurstmaschinen, obwohl er jedes Jahr mehr Profit erzielt als er persönlich konsumiert. So ähnlich geht es allen Kapitalisten. Was macht der Bratwurstkapitalist und die anderen Kapitalisten nun in den Jahren, in denen sie keine neuen Maschinen und Gebäude benötigen mit ihrem erwirtschafteten Geldkapital? Und was macht ein Käsefabrikant, der mit dem plötzlichen Heißhunger der Chinesen nach Milchprodukten einen Reibach machen will aber nicht genug Geld angespart hat um sich neue Käsemaschinen kaufen zu können? Hier kommt die auf gesellschaftlicher Ebene völlig planlose Organisation der kapitalistischen Wirtschaft ins Spiel: alle Kapitalisten produzieren etwas und die meisten spezifischen Produktionsabläufe haben unterschiedliche Erneuerungs- und Erweiterungszyklen. Der eine Kapitalist benötigt Kapital für Investitionen und der andere hat gerade keine Verwendung für sein Geldkapital. Für den zweckmäßigen Ablauf des Geschäfts muss das von einem Kapitalisten gerade nicht benötigte Kapital dem zugespielt werden, der gerade beabsichtigt zu investieren. Dieser Akt der Kapitalvermittlung findet heutzutage nicht mehr im Wirtshaus statt, sondern wird von speziellen Geldhandelskapitalisten - den Banken - übernommen. Selbstverständlich will der Kapitalist der sein Geld einem anderen Kapitalisten zur Verfügung stellt eine Bezahlung dafür, wie auch die Bank als kapitalistischer Geschäftsbetrieb an der Vermittlung verdienen will. Beide erhalten daher einen Zins auf ihr verliehenes Kapital. Die Höhe des Zinses muss im gesellschaftlichen Durchschnitt selbstverständlich niedriger sein als die Höhe des durchschnittlichen industriellen Profits, es macht ja keinen kapitalistischen Sinn, sich für ein neues Geschäft Geldkapital zu leihen und mehr Zins zu bezahlen als Profit zu erwirtschaften. Daher muss der Profit des Bankgeschäfts mittelfristig niedriger sein als der Profit der produzierenden Kapitalisten, weil sonst ja kein Kapitalist mehr in die Produktion investiert. Die Banken haben darüber hinaus die Funktion die Spargroschen der Lohnabhängigen und kleinen Selbstständigen dem Kapital als Geldkapital zur Verfügung zu stellen. Die Ursache für die weltweite Bankenkrise liegt in dem überragenden Erfolg des neoliberalen Akkumulationsmodells. Seit Anfang der achtziger Jahre ist der Lohnanteil am volkswirtschaftlichen Gesamteinkommen weltweit beständig gesunken und im Gegenzug der Anteil der Kapitaleinkünfte stetig gestiegen. Die Kapitalistenklasse hat in den letzten 30 Jahren im Weltmaßstab eine Menge Geld angehäuft für das es keine sinnvollen Investitionsmöglichkeiten gibt. Daher muss beständig überflüssiges Geldkapital durch Börsenblasen, Staatsbankrotte, internationale Schuldenkrisen, etc. vernichtet werden. Der Auslöser der aktuellen Bankenkrise war der Versuch der amerikanischen Geldkapitalisten durch Kreditbetrug im globalen Maßstab auf Kosten der restlichen Kapitalistenklasse einen Extraprofit einzufahren. So wurden Billionen Dollar als Kredite an Menschen vergeben, von denen bekannt war, dass sie diese Kredite nie bedienen würden können. Der Zeitraum von zwei Jahren zwischen der Vergabe der Kredite und dem Einsetzen der Tilgungsraten wurde genutzt um diese wertlosen Kredite als „neuartige kreative Finanzprodukte“ auf dem globalen Finanzmarkt anderen Kapitalisten anzudrehen. Wie wir alle gesehen haben, setzt den Kapitalisten und gierigen Anlegern bei der Aussicht auf 25% Profit das Hirn aus und sie lassen sich jeden Scheiß aufschwatzen. Und weil auch in den USA ein Arbeitsloser keinen monatlichen Zins von 12.000 Doller für seinen Hauskredit abzahlen kann, hat die Weltwirtschaftspolitik festgestellt, dass einige Billionen Dollars abgeschrieben werden müssen. Das konnte natürlich niemand vorhersehen. Die ökonomische Funktion der Bankenkrise ist klar: es muss einfach das Geldkapital aus der Welt geschafft werden, das die internationale Bourgeoisie in der neoliberalen Phase angehäuft hat und für das es nun einmal keinen vernünftigen Investitionszweck gibt. Nirgends. Die Trennung zwischen Banken- und Konjunkturkrise ist dem besseren Verständnis der Analyse geschuldet. Letztlich haben beide ihre Ursache in dem Widerspruch zwischen der Entwicklung der Produktivkräfte und der kapitalistischen Aneignung des gesellschaftlichen Reichtums. Dieser grundlegende Widerspruch, für den es im Kapitalismus keine Lösung gibt, soll im nächsten Abschnitt näher erklärt werden. 1.2. Eine Konjunkturkrise im Weltmaßstab Wir erleben im Augenblick die größte Konjunkturkrise der kapitalistischen Weltwirtschaft seit 80 Jahren. Das Platzen der internationalen Kreditblase und der Einbruch der Weltkonjunktur sind nicht wie allerorten gern behauptet wird eine unglückliche zeitliche Übereinstimmung, sondern sind die zwei Seiten einer Münze. Ebenso wenig leidet die gute kapitalistische Realwirtschaft unter dem unsoliden Gebaren der internationalen bösen Geldhandelskapitalisten, vielmehr waren die Erfolge der deutschen, chinesischen und japanischen Produktions- und Exportweltmeister in den letzten 30 Jahren nur möglich, weil sich viele Länder immer mehr verschuldeten. Im globalen Maßstab können nur permanente Exportüberschüsse erwirtschaftet werden, wenn irgendwo anders andauernd Schulden gemacht werden. Wenn wir das unter dem Blickpunkt eines globalen Arbeitszeitkontos betrachten, müssen einige Ökonomien einfach das weniger arbeiten was die anderen zuviel arbeiten. Sonst funktioniert die globale kapitalistische Arbeitsteilung einfach nicht. Wenn alle mehr arbeiten und mehr herstellen würden als gebraucht würde, wäre das ja völlig hirnrissig. Genau das macht die kapitalistische Wirtschaft aber in jedem Konjunturzyklus während der Boomphase. Was heute zu beobachten ist, kann als erste weltweite Konjunkturkrise des globalen Kapitalismus beschrieben werden. Neu daran ist nur die Tatsache, dass eine Konjunkturkrise im globalen und nicht im nationalen Rahmen wirkt. Aber wie jede kapitalistische Konjunkturkrise hat auch diese Weltwirtschaftskrise die gleichen Ursachen und dieselbe ökonomische Funktion wie jede kapitalistische Konjunkturkrise, auch wenn der Maßstab ein globaler geworden ist. Die Ursache einer kapitalistischen Konjunkturkrise ist der Aufbau zu großer Produktionskapazitäten. In der aktuellen Weltwirtschaftskrise sehen wir diese Entwicklung lehrbuchmäßig am Beispiel der Automobilindustrie durchgespielt. Die Autohersteller haben weltweit Überkapazitäten aufgebaut, um immer mehr Autos verkaufen zu können. Diese Strategie ist aus der Sicht des einzelnen Kapitalisten sinnvoll und er hat auch gar keine andere Möglichkeit als immer mehr und billiger zu produzieren um in der kapitalistischen Konkurrenz überleben zu können. Weil aber alle Autoproduzenten in der kapitalistischen Konkurrenz beständig gezwungen sind immer mehr zu produzieren, werden zwangsläufig auf gesellschaftlicher Ebene Produktionskapazitäten aufgebaut die überhaupt nicht benötigt werden. Die Funktion der kapitalistischen Konjunkturkrise ist die Anpassung der Produktionskapazitäten an die Größe des Absatzmarktes. Für das Beispiel der Autoindustrie bedeutet das, dass die weltweit aufgebauten Überkapazitäten abgebaut werden müssen. Daher müssten die US-amerikanischen Autohersteller genauso Pleite gehen wie die russischen, einfach weil sie auf dem vom Weltmarkt geforderten Qualitätsniveau nicht mithalten können. Nun werden in Russland, den USA und anderen Ländern die Automobilindustrie durch staatliche Subventionszahlungen am Leben gehalten. Diese staatliche Subventionierung unrentabler Betriebe ist jedoch keine Lösung für das Problem der Überkapazitäten in der kapitalistischen Konkurrenz: Nur weil staatlich finanziert Überkapazitäten aufrechterhalten werden, gibt es ja keinen größeren Absatzmarkt und das Problem der Kapazitätenbereinigung wird nur solange aufgeschoben, bis genug Regierungen bei der Subventionierung der eigenen Autoindustrie aufgeben. 1.3. Banken- und Konjunkturkrise Wie hängt nun die Bankenkrise mit der Konjunkturkrise zusammen? Beide Krisen sind Ausdruck für den Hauptwiderspruch der kapitalistischen Ökonomie: der Reichtum wird durch eine gesamtgesellschaftliche Arbeitsleistung produziert, aber zum Großteil von der Klasse der Kapitalbesitzer angeeignet. Anmerkung: Der Bericht des DIW über die Reichtumsverteilung in Deutschland im Jahr 2007 besagt, dass die 20% Reichsten 80% des Nettovermögens besitzen und 60% der Bevölkerung praktisch kein Vermögen ihr eigen nehmen. Die Vermögensbesitzer kann man dann ganz nach individueller politischer Präferenz die Reichen, die Kapitalisten oder die Leistungsträger nennen. Genauso kann man mit den Vermögenslosen verfahren und diese als Arbeitnehmer, Leistungsunwillige oder Lohnabhängige bezeichnen. Was auf Grund der empirischen Daten nicht geht, ist zu leugnen, dass der Großteil der Gesellschaft nichts zum Leben hat als seinen Lohn und ein kleiner Teil der Gesellschaft nicht weiß wohin mit seinem Geld. Diese gesellschaftlichen Gruppen lassen sich als Schichten, Klassen, Milieus etc. einteilen. Wem die Begrifflichkeit in diesem Schriftstück nicht gefällt, kann sich also jederzeit anders lautende Begriffe aussuchen oder –denken. Die kapitalistische Gesellschaft kann also ganz viel Waren produzieren und könnte noch viel mehr produzieren, der größte Teil der Gesellschaft hat aber nicht genug Geld sich diese Waren zu kaufen. Und wenn von den Kapitalisten mal jeder drei Häuser, vier Autos und ein oder zwei Jachten ihr eigen nennen, wird’s den meisten auch langweilig mit der Anhäufung materieller Reichtümer uns sie müssen sich fragen, was sie mit ihrem angehäuften Geldkapital tun sollen. In den Betrieb investieren lohnt sich ja nur begrenzt, weil eh in fast allen Produktionsbereichen Überkapazitäten aufgebaut sind. Und so fangen die Kapitalisten an ihr Geld in irgendwelche obskuren Länder oder Betriebe oder Geldanlagen zu stecken in der Hoffnung dort würde es sich in gewohnt kapitalistischer Weise vermehren. Tut es aber nicht. Denn je mehr gesellschaftlichen Reichtum sich die Kapitalisten aneignen, desto kleiner ist der Anteil der Restbevölkerung am Reichtum und die Absatzmöglichkeiten für die Kapitalisten verschlechtern sich auf der Ebene des Gesamtsystems (In den letzten 30 Jahren wurden die Kapitalbesitzer dieser Welt im Zuge der erfolgreichen neoliberalen Politik immer reicher und der Anteil der Lohnabhängigen am gesellschaftlichen Einkommen sank um ca. 10% obwohl die Zahl der Lohnabhängigen stark zunahm). Die Nachfrage für den Boom der Weltwirtschaft in den letzten 30 Jahren wurde dann vor allem durch den Konsum der US-Ökonomie als letzter Konsument der globalen Ökonomie erzeugt. Die deutschen Arbeitnehmer können sich die ganzen Porsches, BMW’s, Mercedes und Audis ja nicht leisten. Die USA als Nationalökonomie konnte sich die deutschen Luxusautos zwar auch nicht leisten, aber konsumieren, weil sie ihren Konsum durch Kreditaufnahme auf den internationalen Kapitalmärkten finanzierte. Aber irgendwann wird die Zinslast halt für jeden Schuldner zu groß, die Kreditwürdigkeit ist dahin und der Konsum muss eingeschränkt werden. Der realwirtschaftliche Boom der Weltwirtschaft wurde also durch Schuldenmacherei finanziert. Das wussten natürlich alle zuständigen Regierungen. Wenn Deutschland, China und Japan die Welt mit ihren Produkten überschwemmen muss das Zeug halt jemand kaufen und die USA haben diesen Part des Importweltmeisters dankend übernommen und im Gegenzug die Exportweltmeister mit ihren ganzen ehrlich verdienten Dollars den US-Staatshaushalt und –konsum finanzieren lassen. Das Problem der Bourgeoisie ist nun den Laden wieder ins Laufen und den Konsumenten zum Konsumieren zu bringen. Und diese Funktion des großen gesellschaftlichen Konsumenten soll im Weltmaßstab der Staat mittels absurder Konjunkturprogramme übernehmen. Das kann natürlich nicht funktionieren, weil dadurch erstens die aufgebauten Überkapazitäten nicht abgebaut werden und zweitens die Absatzmärkte nur kurzfristig wachsen. Da die Staaten das Geld für die Konjunkturprogramme nicht durch Steuereintreiben bei den Geldvermögensbesitzern abschöpfen sondern von diesen über Staatsanleihen nur borgen, finanzieren die Kapitalbesitzer eine Nachfrage nach ihren Waren die sie durch ihr eigenes Geld in Form von Staatskrediten bezahlen. Die ganzen Konjunkturprogramme haben in ihrer geplanten Ausgestaltung zur Folge, dass die Kapitalisten über einen staatlich aufgeblähten Markt Profite machen, an dessen Aufblähung sie durch Zinszahlungen des Staates an die Geldkapitalisten ein zweites Mal verdienen. Die ganzen geplanten Konjunkturprogramme werden die Ungleichverteilung der Vermögen in der Gesellschaft verstärken, den im kapitalistischen Sinne notwendigen Abbau von Überkapazitäten verzögern und die Krise nur unnötig in die Länge ziehen. Die einzige kapitalistische Lösung um die Kapitalverwertung wieder in Gang zu bringen ist die Abschöpfung des überflüssigen Geldkapitals durch den Staat und seine produktive Reinvestition oder die Vernichtung des überflüssigen Kapitals durch Insolvenz des Weltfinanzsystems. Parallel dazu muss die internationale Arbeitsteilung neu organisiert werden, weil aus logisch recht zwingenden Gründen Exportweltmeister auf Dauer nur existieren können, wenn es gleichzeitig ausdauernde Schuldenmacherweltmeister gibt. Diese grundlegende Struktur der Weltwirtschaft während der neoliberalen Akkumulationsphase hat ihren Zweck erfüllt die Kapitalisten immer reicher zu machen, ist gegenwärtig jedoch an systemeigene Grenzen gestoßen. Die Aufgabe für die bürgerlichen Regierungen dieser Welt lautet also für den Kapitalismus ein völlig neues Akkumulationsregime zu entwickeln, mit dem das funktionsunfähig gewordene neoliberale Akkumulationsmodell abgelöst werden kann. 2. Lösungsansätze der Bourgeoisie für die Finanzkrise 2.1. Denkbare Lösungsansätze der US-Bourgeoisie Die USA sind nach wie vor das ökonomisch und militärisch leistungsfähigste Land. Alle Lösungsansätze der USA für die Banken- und Wirtschaftskrise haben Signalwirkung für den Rest der Welt. Daher muss sich jede Analyse der Weltwirtschaftskrise mit dem wirtschaftspolitischen Geschehen in den USA befassen. Die US-Bourgeosie steht vor dem Problem, dass das neoliberale Akkumulationsmodell des US-Kapitalismus auf dem Dollar als einziger Weltwährung und der einzigartigen ökonomischen und militärischen Stärke der USA beruhten. Beide Voraussetzungen sind 2009 nur mehr eingeschränkt gültig. Die US-Bourgeosie hat folgende Lösungsmöglichkeiten für die Sanierung des Bankensektors und des Staatshaushalts: 2.1.1. Weitere Kürzung staatlicher Leistungen Eine Sanierung des Staatshaushaltes über Kürzung staatlicher Leistungen: Im Bereich der sozialen Sicherung, der Gesundheitsversorgung und der Bildungspolitik ist nicht genug Sparpotential vorhanden. An der Herrschaftsbürokratie und dem Militärapparat sparen ist in der Zeit zunehmender Klassenantagonismen und imperialistischer Gegensätze nicht möglich. 2.1.2. Höheres Steueraufkommen Ein höheres Steueraufkommen wäre denkbar. Allerdings sind die benötigten Summen nur bei der Mittelschicht und v.a. der Bourgeoisie zu holen. Dazu müsste die herrschende Klasse ihren eigenen Reichtum beschneiden indem sie die Steuern für die reichen US-Bürger erhöht; dies ist politisch mehr als unwahrscheinlich. 2.1.3. Erklärung der Zahlungsunfähigkeit Die USA könnten ihre Zahlungsunfähigkeit erklären. Das würde das Weltfinanzsystem zum Zusammenbrechen bringen und den Weltkapitalismus grundlegend in seiner Reproduktionsfähigkeit beeinträchtigen. Das wäre wie russisches Roulette für die Weltbourgeoisie. Aber wie die US-Bourgeoisie mit dem großen Immobilienbetrug gerade bewiesen hat, riskiert sie im Zweifelsfall eher die Reproduktionsfähigkeit des Weltkapitalismus als auf eine angemessene Verwertung ihres Kapitals zu verzichten. Es wäre für die USA auf jeden Fall eine denkbare Möglichkeit sich ihrer Schulden zu entledigen. Nach wie vor sind die USA stärkste Militärmacht und niemand könnte sie an einer einseitigen Aufkündigung des Schuldendienstes hindern. 2.1.4. Weiter wie die letzten 30 Jahre Die USA können als wichtigster Absatzmarkt der Welt weiterhin exportierende Staaten dazu bringen, dass sie Dollars kaufen um den Dollarkurs zu stützen und diese Exportstaaten kaufen weiterhin US-Staatsanleihen. Das funktioniert jedoch nur für Ökonomien, die weitgehend vom US- Markt anhängen, dazu dürfte es keine große Inflation des Dollars geben. Sonst wird der US-Markt für die Exporteure immer uninteressanter, da der Dollar als Bezahlung immer weniger wert wäre. 2.1.5. Inflationäre Geldpolitik (seit März 2009 offizielle Regierungspolitik) Dieser Lösungsansatz war für Reagan problemlos möglich: der Dollar war einzige Weltwährung, die USA einzige kapitalistische Führungsmacht, die Deindustriealisierung der US-Ökonomie noch nicht so weit fortgeschritten wie heute und die Mittelschichten hatten noch was im Sparbuch. Was hätte eine starke Inflation des Dollars heute für Folgen: eine weltweite Flucht aus dem Dollar, dadurch A)Verfall des Dollarkurses und steigendes Handelsbilanzdefizit und B) höhere Zinsen für Staatsanleihen. Eine weitere Verarmung der Mittelschichten würde diese auf das Existenzminimum drücken und dadurch höhere Staatsausgaben für den Herrschaftsapparat erfordern. Auch würde sich in diesem Falle grundlegend die Frage nach der politischen Legitimation der US-Bourgeoisie stellen. In den 20er Jahren hat sich die deutsche Bourgeoisie über die Inflation saniert und die Kleinanleger ruiniert; das Kapital der deutschen Bourgeoisie war vor allem Produktions- und Handelskapitals, das von einer Inflation nicht entwertet - vielmehr entschuldet - wird. Die normalen US- Haushalte haben keine Guthaben mehr die entwertet werden können. Dagegen ist ein großer Teil der US-Bourgeoisie gar nicht mehr am Produktionskapital beteiligt, sondern v.a. in der Sphäre des internationalen Geldkapitals (in Dollars). Eine große Inflation müsste gegen die elementaren Interessen dieser Fraktion der Bourgeoisie durchgesetzt werden. Eine starke Inflation würde den Dollar in einem Maße abwerten, dass die Handelsbilanz außer Kontrolle geriete und die in einer historischen Rezession außerordentlich an Wert verlierenden US-Unternehmen billige Übernahmekandidaten für die imperialistische Konkurrenz würden: das wäre praktisch ein Ausverkauf der USA und das Ende als führende Ökonomie der Welt. Die Obama-Regierung sieht eine kontrollierte Inflation offensichtlich als realistische Maßnahme den Schuldenberg des US-Staatshaushalts und der US-Banken zu senken. Daher hat im März 2009 die Bundesbank der USA begonnen für mehr als 1 Billion Dollar Schrottanleihen der US-Banken aufzukaufen. Für die USA wird es nun zum ökonomischen Drahtseilakt, zu versuchen die Konjunktur über Geldvermehrung anzukurbeln, die Schulden vermittels einer kontrollierten Inflation abzubauen und gleichzeitig auf dem internationalen Kapitalmarkt vertrauenswürdig genug zu erscheinen, um weiterhin US-Staatsanleihen zu bezahlbaren Zinsen verhökern zu können. 2.1.6. Ein staatliches Schneeballsystem auf globaler Ebene (seit März 2009 offizielle Regierungspolitik) Als zweiter Teil einer Lösungsstrategie wird im Augenblick von der US-Regierung ein staatliches Schneeballsystem auf globaler Ebene praktiziert: Alle Geldbesitzer weltweit flüchten in den vermeintlich sicheren US-Dollar und mit diesen Anlagen in US-Staatsanleihen wird die Sanierung des US-Bankensektors und das Konjunkturprogramm bezahlt. Diese Lösungsstrategie hat allerdings katastrophale Folgen für Länder aus denen dieses Kapital abgezogen wird. Außerdem ist es notwendig immer neue Anleger für US-Staatsanleihen zu gewinnen; dies wird jedoch vermutlich nur in beschränktem Maße für einen begrenzten Zeitraum funktionieren. Das neoliberale Lösungsmodell des Druckens von Dollar, um damit die Staats- und Außenhandelsschulden zu bezahlen kann mit der Existenz des Euro als zweiter Weltwährung nur mehr eingeschränkt zur Anwendung kommen. Die Politik der neuen US-Regierung wird sich einer Mixtur aus den angeführten Möglichkeiten bedienen, um die Kosten für die Rettung des privaten US-Bankensektors und die Finanzierung des US-Staatshaushalts auf die amerikanische Mittel- und Unterschicht und den Rest der Welt abzuwälzen. Die oberste Zielsetzung der Obama-Regierung ist ganz offensichtlich die US-Bourgeoisie in keinerlei Weise mit der Rettung des Bankensektors und der Sanierung des Staatshaushalts zu behelligen. 2.2. Lösungsansätze der europäischen Bourgeoisie für die Bankenkrise Die Lösungsansätze der europäischen Bourgeoisie sind recht uneinheitlich. Die unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen der jeweiligen Regierungen richten sich danach, ob der jeweilige nationale Reichtum vor allem im Produktionssektor, im Finanzsektor oder einem Mix aus beidem erwirtschaftet wird. Einig sind sich alle Regierungen Europas darin, dass die Spekulationsverluste der jeweils eigenen Bourgeoisie über Staatsgarantien und Subventionszahlungen an den Bankensektor begrenzt werden sollen. Die im Augenblick dafür vorgesehenen Mittel belaufen sich in der EU auf ca. eine Billion Euro, bewegen sich also in der gleichen Größenordnung wie die Zahlen in den USA. Die unterschiedlichen Folgen der Bankenkrise für Länder der EU sollen an drei Beispielen veranschaulicht werden: 2.2.1. In Großbritannien trägt die industrielle Produktion nur noch 13% zum Bruttoinlandsprodukt bei und der größte Teil des Nationaleinkommens wird über den Dienstleistungssektor erzielt. Die Regierungen Großbritanniens haben in den letzten dreißig Jahren die Strategie verfolgt, GB zur faktischen Geschäftsbank der Weltwirtschaft aufzubauen und diese Zielsetzung durch weitgehenden Kontrollverzicht des Staates im Bankensektor auch erreicht (was nichts anderes heißt, dass z.B. im Gegensatz zu New York in London alle Betrügereien möglich waren. In den USA hatten die Behörden nach dem Enron-Skandal die Börsenaufsicht verschärft). Augenblicklich ist der Bankensektor von Großbritannien faktisch pleite und kann nur durch weitgehende Verstaatlichungen in seiner Existenz gesichert werden. Indem der Staat die Schulden des Bankensektors übernommen hat konnte er eine Fortführung des Geschäftsbetriebs sicherstellen. Diese Garantien für den Bankensektor stellen mittelfristig die Zahlungsfähigkeit des englischen Staates in Frage und die einzige Möglichkeit den Staatsbankrott zu vermeiden ist GB als Geschäftsbank des Weltkapitals zu erhalten. Dafür wiederum ist es nötig alle Einschränkungen des unkontrollierten Kapitalverkehrs und der weitgehend unkontrollierten Spekulation zu verhindern. Die Regierung von GB ist deshalb bemüht jeder Verschärfung der internationalen Finanzmarktregulation entgegenzuwirken. Diese Politik ist keinesfalls von moralischem Standpunkt, sondern von dem der internationalen Konkurrenzfähigkeit der englischen Volkswirtschaft zu beurteilen. Für GB geht es bei der Frage der Finanzmarktregulation um ökonomisches Sein oder Nichtsein. So sind auch die politischen Versuche, die Wirtschaft in GB mit Leitzinssenkungen auf den niedrigsten Stand aller Zeiten und durch das inflationäre Drucken von Pfundnoten wieder anzukurbeln als Panikreaktion einer orientierungslosen Bourgeoisie zu werten. 2.2.2. Die Schweiz hat sich als führende Privatbank der Weltbourgeoisie etabliert und stellt mit der UBS den größten Verwalter von Privatvermögen weltweit. Nachdem die UBS von Insolvenz bedroht war hat der Schweizer Staat einen Kapitalzuschuss gegeben und eine Schuldenübernahme garantiert. Und weil in der Schweiz die Rolle von Koch und Kellner völlig geklärt ist, wird der staatliche Hilfsfonds praktischerweise von Angestellten der UBS organisiert und verwaltet. Das Interesse des Schweizer Staates und der UBS sind nicht zu trennen. Daher hat die Schweizer Zentralbank inzwischen ganz selbstverständlich damit begonnen der UBS ihre Schrottpapiere abzukaufen. Die UBS hat für die Schweiz die gleiche ökonomische Dimension wie die Kaupthing-Bank für den isländischen Staat: macht die UBS pleite (das wäre wohl der Fall wenn die USA der Bank die Lizenz entziehen; daher die plötzliche und eifrige Bereitschaft der UBS und der Schweizer Regierung zur internationalen Zusammenarbeit bei Steuerflucht), würde die Schweiz ebenfalls vor dem Staatsbankrott stehen. 2.2.3. In Deutschland hat der Produktionssektor mit dem Export von Produktionsgütern dermaßen weltmeisterliche Überschüsse erwirtschaftet, dass der hiesigen Bourgeoisie auch keine seriösen Verwertungsszenarien für das in der neoliberalen Phase aufgehäuftes Kapital eingefallen sind und daher die Teilnahme am internationalen Kreditbetrugsgeschäft die logische Fortsetzung der Senkung der bundesdeutschen Reallöhne im letzten Jahrzehnt war. Offensichtlich ist der deutsche Bankensektor bis auf die öffentlichen Sparkassen pleite und der Geschäftsbetrieb der Privatbanken kann nur noch durch staatliche Garantiezahlungen gewährleistet werden. Der in allen Medien und von allen Parteien (auch teilweise von Wirtschaftsexperten der Linken) ausgemachte allgemeine Vertrauensverlust der Banken untereinander sei nun für den Verzicht aufs Kreditgeschäft verantwortlich und der Vertrauensverlust der Banken könnte durch staatliche Kreditgarantien wiederhergestellt werden und die Realwirtschaft wieder in Schwung kommen. Das ist natürlich moralisierender Blödsinn von Kleinbürgern die an den ehrbaren Kaufmann und die Selbstheilungskräfte des Marktes glauben. Selbstverständlich lässt sich kein Geldkapitalist ein Kreditgeschäft mit einem solventen Kunden durch die Lappen gehen, wenn er die Kreditsumme dafür aufbringen kann. Hier liegt aber der tiefere Grund für die anhaltende Weigerung der Banken Kredite zu vergeben. Nach der Selbstauskunft der 20 größten deutschen Banken im Februar 2009 gegenüber der Bankenaufsicht sitzen diese auf 300 Milliarden Euro fauler Kredite. Und wenn man die Kommunikationspolitik der deutschen Banken in 2008 zum Maßstab nimmt ist offensichtlich, dass die aufgehäuften Schulden mindestens doppelt so hoch sein müssen wie die der Bundesbank und der Bafin gemeldeten faulen Kredite. Die deutschen Banken können keine Kredite vergeben, weil ihre Eigenkapitalisierung durch die Menge an faulen Krediten im Portfolio tatsächlich gegen Null geht. Die einzige Lösung für die Kreditklemme im privaten Bankensektor und die Fortexistenz eines großen privaten Bankensektors in Deutschland ist aus kapitalistischer Sicht die Übernahme der faulen Kredite durch den Staat und die Bezahlung der Bankenschulden durch die Gesellschaft. Der Bankenverband hat der Bundesregierung im Februar ja auch schon ein schönes Konzept für eine Bad Bank zur Bearbeitung vorgelegt. Weil nun aber gerade Superwahljahr ist, hat die politische Klasse offensichtlich beschlossen die Schuldenübernahme des Bankensektors durch den Staat erst nach der Bundestagswahl durchzuführen. Bezeichnenderweise haben die Parteien auch keinerlei Interesse die Frage nach der Bezahlung von mindestens einer halben Billion Euro schlechter Kredite der deutschen Privatbanken durch das Wahlvolk vor der Bundestagswahl zu thematisieren. Zur Konjunkturkrise fällt der deutschen Regierung nichts ein, außer darauf zu hoffen, dass sie vorbei geht und alle Welt dann wieder genug deutsche Luxusautos und Investitionsgüter kauft um den deutschen Wirtschaftsbetrieb wieder rentabel zu machen. Anmerkung zur EU: Insgesamt wächst sich die Wirtschaftskrise für die EU zur Überlebensfrage aus. Mehrere Länder des Euro-Raumes (Italien, Griechenland, Spanien, Portugal, Österreich, Irland) stehen vor dem Staatsbankrott. Die EU-Mitgliedsländer in Osteuropa werden nur noch durch IWF-Kredite zahlungsfähig gehalten. Der EU droht im Laufe der Weltwirtschaftskrise der ökonomische und politische Zerfall. 3. Zinsen fürs Spekulationskapital oder Vergesellschaftung des Bankensektors? 3.1. Wer zahlt die Zeche der Bourgeoisie? Das ist die Frage die politisch beantwortet werden muss. Für den von der Bourgeoisie angehäuften kapitalistischen Profit der neoliberalen Akkumulationsphase gibt es auf dem freien Weltmarkt keine Verwertungsmöglichkeit. Aus diesem einzigen Grund sind die ganzen neoliberalen Schreihälse für das freie Spiel der Marktkräfte urplötzlich für die ganze Palette des Staatsinterventionismus, von der staatlichen Subvention bis hin zur Verstaatlichung. Das ist aber auch kein Wunder: schließlich muss der Wert des eigenen Vermögens gesichert werden und da interessiert den Bourgeois sein Geschwätz der letzten 30 Jahre auch nicht weiter. Der Reichtum den uns die Bourgeoisie durch längere Arbeitszeiten bei schlechterer Bezahlung, schlechterer Gesundheitsversorgung, Kürzung der Renten, schlechtere Bildung abgepresst hat droht in billionenschweren Abschreibungen für nicht existent erklärt zu werden. Die uns von unserer großen Bundesregierung vorgeschlagene Lösung sieht vor, dass der Bourgeoisie ein großer Teil ihres vermittels Spekulation verloren gegangenen Geldvermögens durch Steuergelder von uns allen noch einmal bezahlt werden soll. Logischerweise gibt’s darüber auch kein monatelanges medial aufbereitetes Gezänk wie bei der Frage, ob mal ‘ne Milliarde für bessere frühkindliche Betreuung über ist. Da wird einfach innerhalb einer Woche ohne parlamentarische Debatte und unter staatsmännischer Mitwirkung der linken Fraktion ein Schutzschirm von 500 Milliarden für den Bankensektor garantiert. Der wachsende Reichtum der deutschen Bourgeoisie beruht auf unserer Arbeit und unseren sinkenden Reallöhnen. Weil wir uns das haben gefallen lassen sollen wir die nächsten Jahre auch gleich die Zinsen zahlen für die Schulden die der Staat auf dem privaten Kapitalmarkt aufnimmt, um den Kapitalisten ihre faulen Kredite abzukaufen. So schlägt die Bourgeoisie also zwei Reichtumsfliegen mit einer Klappe: Ihr Geldkapital das unter markwirtschaftlichen Gesichtspunkten nichts mehr wert ist wird durch Staatsgarantien erhalten. Gleichzeitig kann die Bourgeoisie dieses Geldkapital - das überhaupt nur noch wegen einer Staatsgarantie existiert - auf den internationalen Kapitalmärkten den Staaten zu immer höheren Zinsen als Kredit wieder zur Verfügung stellen. Was nichts anderes heißt, als dass ein immer größerer Teil des gesellschaftlichen Reichtums als Zinszahlung an die internationalen Kapitalmärkte abgeführt werden muss auf dass die Bourgeoisie auch in Zukunft immer wieder neue und größere Spekulationsblasen um den Globus jagen kann. 3.2 Die linke Antwort auf die Finanzkrise: Vergesellschaftung des privaten Bankensektors! Sofort! Folgende drei Fragen müssen von einem Lösungskonzept beantwortet werden. 3.2.1. Warum soll der private Bankensektor vergesellschaftet werden? Eine Verstaatlichung des Bankensektors ist keine Abkehr vom kapitalistischen Wirtschaftssystem, darüber sollte sich niemand Illusionen machen. Die Organisation der Produktion wird weiterhin in kapitalistische Manier fortgeführt, ebenso wie die Aneignung eines großen Teils des gesellschaftlichen Reichtums durch die Kapitalisten. Eine Verstaatlichung des Bankensektors bietet aber die Möglichkeit, den Bankbetrieb dem allgemeinen Wirtschaftsgeschehen unterzuordnen und zu garantieren, dass der Geldverkehr in der fürs allgemeine Geschäft notwendigen Weise vonstatten gehen kann. Der Geldverkehr hat in der kapitalistischen Gesellschaft die Funktion die einzelnen Teile des Wirtschaftsgeschehens in Beziehung zu setzen. Ein staatlich organisierter Geld- und Kreditverkehr kann das wesentlich besser leisten als ein von individuellen Profitinteressen geleiteter privater Bankensektor. 3.2.2. Welche Folgen hat eine Vergesellschaftung des privaten Bankensektors für die wirtschaftliche Entwicklung? Die andauernden Exzesse, wie die immer weiter wiederholten Forderungen nach 25% Rendite durch den Vorstand der Deutschen Bank können ebenso beendet werden wie absurde Gehaltszahlungen, die in ihrer Höhe in keinerlei Zusammenhang mit der gesellschaftlichen Bedeutung des Bankensektors stehen. Anlagesuchendes Kapital wird einen verstaatlichten Bankensektor nicht meiden, wenn er Möglichkeiten von Minderheitenbeteiligungen eröffnet. Das ist jedoch völlig unerheblich. Im Gegensatz zu der ewigen neoliberalen Propaganda brauchen wir nicht das anlagesuchende Kapital, sondern das anlagesuchende Kapital braucht Verwertungsmöglichkeiten im realen Wirtschaftsgeschehen um unsere Arbeitskraft auszubeuten und sich zu verwerten. Folglich werden die Kapitalisten ihr Geldkapital auch weiterhin in profitträchtige Betriebe der Wirtschaft stecken, und sei es als Minderheitsbeteiligung. Selbst den US-Kapitalisten waren die Profitraten im „kommunistischen“ China in den letzten 20 Jahren reizvoll genug um sich mit Minderheitsbeteiligungen zu begnügen. Und im Bankensektor braucht’s kein anlagesuchendes Kapital, weil eine Volkswirtschaft wie die deutsche, mit einer Sparquote von 10% eh immer genug Kapital für Investitionen zur Verfügung hat. Es wäre technisch überhaupt kein Problem den privaten Bankensektor in die Insolvenz zu schicken, wenn gleichzeitig vom Staat das Weiterlaufen des operativen Bankengeschäfts garantiert wird. Der deutsche Staat hat die Aufgabe der Kreditvergabe an unverschuldet in Not geratene Unternehmen der „Realwirtschaft“ ja bereits übernommen und damit den Nachweis geführt, dass die Kreditversorgung durch den Staat und den öffentlich-rechtlichen Bankensektor ohne Zutun des privaten Bankensektors verlässlich und problemlos funktioniert. 3.3.3. Wer soll das bezahlen, wer hat soviel Geld? Das Problem des Schuldenberges von hunderten Milliarden wäre mit einer Insolvenz gelöst, denn wo nichts ist kann man auch nichts holen. Und was gehen uns die Spekulationsverluste der Bourgeoisie an? Nichts! Kleinsparern (Vorschlag: 100.000 Euro) kann dagegen ihr Guthaben vom Staat garantiert werden. Wenn der private Bankensektor in eine geordnete Insolvenz geführt wird kann er auch ganz grundgesetzkonform ohne Entschädigung vom Staat übernommen werden. Denn ein kapitalistischer Betrieb der nur noch aus Schulden besteht ist halt einfach nichts mehr wert und muss auch nicht bezahlt werden. Jochen Grob, Hamburg, März 2009 AG Wirtschaft, Finanzen, Haushalt
Im Januar 2009 Vorläufiges Arbeitsergebnis aus Arbeitsplan Teil I , II und III Der vorliegende Text ist ein Beitrag der AG Wirtschaft, Finanzen, Haushalt in der LINKEN in Hamburg. Er ist zusammengestellt aus verschiedenen Beiträgen und Referaten, die in der AG intensiv diskutiert wurden. An der Schlußredaktion waren beteiligt: Brigitte Sandtner, Jochen Grob und Rainer Volkmann Teil I. Neoliberalismus - Permanente Krise mit System? - I. Einleitung II. Die Neoklassik als Wirtschaftstheorie des Neoliberalismus III. Wirtschaftspolitik im Neoliberalismus IV: Wie ist der Neoliberalismus entstanden ? 1. Die historische Herausbildung des Neoliberalismus 2. Die neoliberalen Lösungsansätze für das Problem der zu kleinen Absatzmärkte 3. Wie konnte das neoliberale Projekt auf politischem und ökonomischem Gebiet durchgesetzt werden ? V. Merkposten zur internationalen Geschichte des Neoliberalismus 1. Explodierende Finanzmärkte-Krise des Neoliberalismus ? VI. Die Fehler des Neoliberalismus I. Einleitung Die Finanz- und Wirtschaftskrise hält uns in Atem, und wir erleben steigende Arbeitslosigkeit, weitere Firmenzusammenbrüche und die Zunahme von Armut und sozialer Perspektivlosigkeit. Es findet gegenwärtig eine ungeheure Vernichtung von Werten, von sach-, Finanz- und Sozialkapital statt. Diese Verhältnisse lehnen wir ab, sie können nicht unser Ziel sein. Wir, DIE LINKE, wollen uns die Suche nach Alternativen nicht verbieten lassen, so wie es die neoliberalen mit ihrem wiederholten „There is no Alternative“ (dem berühmten TINA-Syndrom) gerne wollen Bekanntlich fordert der Neoliberalismus: -Mehr Wettbewerb in allen Lebensbereichen -Privatisierung aller ökonomischer Produktionsfelder -Steuersenkungen zur Entlastungen der Privaten -Deregulierung aller öffentlichen Leistungen, insbesondere der Infrastruktur Diese Forderungen sind eingebettet in ein wirtschaftswissenschaftliches Konzept, welches hier kurz vorgestellt werden soll. II. Die Neoklassik als Wirtschaftstheorie des Neoliberalismus Im Zentrum steht der Arbeitsmarkt, weil dieser über die Arbeitseinsatzmenge sowohl auf einzelnen Teilmärkten als insgesamt über die gesamte Beschäftigung einer Gesellschaft bestimmt. Sofern die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer flexible Löhne akzeptieren, also in der Krise sinkende Löhne hinnehmen, ist Vollbeschäftigung – so die Neoklassik - für alle grundsätzlich möglich. Wer dann dennoch keine Arbeit hat, war offenbar nicht bereit, zu einem niedrigeren Lohn zu arbeiten. Damit schiebt der Neoliberalismus die Schuld an Arbeitslosigkeit den Arbeitslosen zu, die einen zu hohen Lohn verlangen und weder ausreichend mobil noch qualifiziert genug sind. Wenn auf dem Arbeitsmarkt insgesamt über die eingesetzte Arbeitsmenge in einer Volkswirtschaft entschieden wird, ist damit auch die Höhe der gesamten Produktion – das Bruttoinlandsprodukt – entschieden. Und immer wird die gesamtwirtschaftliche Produktion abgesetzt. Es gibt in der Neoklassik keinen Nachfrageausfall, folglich wird auch keine nachfrageorientierte Wirtschaftspolitik (Keynes) notwendig. Zur Erläuterung: Auch wenn in Teilen der Bevölkerung gespart wird, sorgt dies nicht für einen Nachfrageausfall; denn in der Theorie der Neoklassik werden Ersparnisse immer auf dem Kreditmarkt angelegt. Sinkt dort wegen reichlicher Ersparnis der Zins, wird dieses zusätzliche Kreditangebot von Unternehmen nachgefragt, um damit Investitionen zu finanzieren, also „nachzufragen“. So ist in der Neoklassik immer eine ausreichende Nachfrage nach den produzierten Gütern gesichert. Allenfalls kurzfristige Ungleichgewichte auf den einzelnen Gütermärkten sind denkbar, aber sofern die Preise flexibel sind, werden sie Angebot und Nachfrage in Übereinstimmung bringen Damit wird deutlich: Der Neoliberalismus bzw. seine ökonomische Theorie der sog. Neoklassik versprechen eine krisenfreie Gesellschaft, da flexible Löhne, Preise und Zinsen Angebot und Nachfrage immer ausgleichen. Man sagt: Alle Märkte werden geräumt. Wie werden dann aber von Neoliberalen die Krisen erklärt, die offenbar regelmäßig vorhanden sind? Wir wollen dies am Beispiel von Massenarbeitslosigkeit zeigen. Für Neoliberale gilt: · Da die Güternachfrage immer ausreichend ist, kann Arbeitslosigkeit nicht mit unzureichender Nachfrage auf den Gütermärkten erklärt werden. Arbeitslosigkeit entsteht, wenn die Löhne zu hoch sind. Dann werden zu wenige Arbeitskräfte nachgefragt. · Zu hohe Löhne ergeben sich, wenn z.B. die Gewerkschaften zu hohe flächendeckende Tarifverträge vereinbaren statt je nach Qualifikation auch nach unten differenzierte Lohnabschlüsse zuzulassen. Oder die Arbeitnehmer erkämpfen marktwidrig zu hohe Löhne. Solange Arbeitslosigkeit herrscht, müssen offenbar die Löhne „zu hoch“ sein. (Achtung Das ist ein Fallstrick der neoliberalen Argumentation!) · Für Neoliberale sind die Arbeitnehmer in der Krise nicht ausreichend bereit für Lohnverzicht, da sie im Falle der Arbeitslosigkeit auch sozialstaatliche Unterstützung wie Arbeitslosengeld u.ä. erhalten können. Sie verzichten aus neoliberaler Sicht also freiwillig auf Arbeit und nutzen folglich lieber die sozialstaatlichen Alternativen wie Arbeitslosengeld u.ä. · Die Unternehmen würden mehr Arbeitskräfte einstellen, aber durch viele sozialstaatlichen Regulierungen (Kündigungsschutz, Arbeits- und Gesundheitsschutz, Proteste gegen industrielle Großprojekte) sind ihnen viele Investitionsfelder unattraktiv geworden. Und durch staatliche Güterproduktion sind ihnen viele Bereiche (Gesundheitswesen, Bildung) noch vorenthalten. Eine Krise des Kapitalismus ist auch durch unzureichende Kapitalanlagesphären bedingt, die noch – etwa durch Privatisierung - zu schaffen sind. III. Wirtschaftspolitik im Neoliberalismus Die Wirtschaftspolitik im Neoliberalismus muss folgende Maßnahmen durchsetzen: · sie muss politische Voraussetzungen für einen Niedriglohnsektor und „prekäre“ Arbeitsverhältnisse schaffen, um das Lohnniveau zu senken · Sie muss sozialstaatliche Leistungen kürzen („Hartz IV“), um die Arbeitnehmer auch zur Annahme von Arbeit zu niedrigen Löhnen zu zwingen · sie muss den Widerstand gegen diese Politik durch Bestrafung brechen · sie muss dem Kapital viele neue Investitionsfelder durch Privatisierung anbieten, damit mehr investiert werden kann. Damit hat sich der Staat aus vielen Bereichen der bisher öffentlichen Produktion und Beschäftigung zurück zuziehen (Gesundheit, Bildung, Stadtentwicklung) Wir sagen ausdrücklich:. Der neoliberale Staat ist trotz seines Rückzuges aus der sozialpolitischen Verantwortung ein starker Staat. Dies wird deutlich, wenn es darum geht, das neoklassische System und z.B. ein straffes Regime der Bestrafung, Kontrolle etc bei den „Reformen“ am Arbeitsmarkt durchzusetzen, die Privatisierungen oft gegen den Mehrheitswillen der Bevölkerung durchzusetzen und die Bundeswehr regelmäßig in Auslandseinsätzen für die Versorgung und Sicherung der internationalen Wirtschaftsbeziehungen, von denen Deutschland besonders profitiert, einzusetzen. Dass die Neoklassik (Neoliberalismus) eine gewisse Attraktivität genießt, mag auch daran liegen: Seine Ablehnung von Eingriffen des Staates in den Wirtschaftsprozeß wird aus unterschiedlichen Gründen auch von manchen „Linken“ geteilt („negative Erfahrungen mit dieser Politik in ökologischen Fragen“, Antistaatlichkeit aus Misstrauen gegenüber erlebter autoritären Behördenwillkür; staatliche Aktivitäten als mögliches Einfallstor einer DDR-Nostalgie ?“) Diese Theorie ist auch einfach zu verstehen: Sie nutzt ein „Wissensloch“ aus unbefriedigender Aufarbeitung der „keynesianischen Theorie und Politik“ und noch nicht konsensualer Analyse des ökonomischen Scheiterns der ehem. DDR. IV. Wie ist der Neoliberalismus entstanden? 1.Die historische Herausbildung des Neoliberalismus a. Ende der 60er, Anfang der 70er Jahre führten die Klassenkämpfe in Westeuropas und Nordamerika tendenziell zu einer Reduzierung der Profitrate des Kapitals Die Lohnsteigerungen in diesen Zeiten der annähernden Vollbeschäftigung übertrafen die Produktivitätszuwächse und hatten dadurch eine Verringerung der Profitrate zur Folge (z.B. zweistellige Lohnsteigerungen im öffentlichen Dienst und wilde Streiks im industriellen Sektor der BRD in den 70er Jahren). Vorbedingung für diese Entwicklung war sicherlich eine kämpferische ArbeiterInnenklasse, das Fehlen einer industriellen Reservearmee in Nordamerika und Westeuropa, sowie die Existenz eines sozialistischen Staatenblocks, der die Handlungsfähigkeit des Kapitals auf globaler Ebene begrenzte. b. Parallel zu dieser Entwicklung verkleinerte sich der internationale Absatzmarkt für den Kapitalismus, da nach der endgültigen Auflösung des Kolonialsystems immer mehr Länder unter dem politischen Schutz der Sowjetunion dazu übergingen, eigene nationale Industrien aufzubauen, die durch Schutzzölle vor der übermächtigen Konkurrenz Europas und Nordamerikas geschützt waren Sowohl das sozialistische Lager als auch der kapitalistische Westen entwickelten politische Handlungsstrategien auf Weltebene, die dem jeweiligen Produktionssystem angemessen waren: das sozialistische Lager produzierte Gebrauchsgüter für die Bedürfnisbefriedigung. Für dieses ökonomische Modell sind wachsende Märkte keine Existenzbedingung, daher konnte hier das Konzept der friedlichen Koexistenz formuliert werden. Der kapitalistische Westen produzierte Waren, um Kapital zu verwerten. Dieses ökonomische Modell erfordert immer größere Absatzmärkte, daher wurde von der US-Bourgeoisie die Zurückdrängung des sozialistischen Lagers immer als existentielle Frage verstanden. c. Gleichzeitig war das fordistische Akkumulationsmodell an seinen Grenzen angelangt. Nach dem zweiten Weltkrieg war die kapitalistische Akkumulation zum einen über den notwendigen Wiederaufbau nach den Zerstörungen des zweiten Weltkriegs verlaufen. Zum anderen wurde die Entwicklung eines inneren Absatzmarktes als zeitweise Lösungsmöglichkeit für die Verwertungsschwierigkeiten des Kapitals in nahezu allen kapitalistischen Staaten unter dem Schlagwort des Keynesianismus offizielle Wirtschaftspolitik Die politische Basis für das fordistische Akkumulationsmodell war ein Klassenkompromiss zwischen Lohnabhängigen und Kapitalisten nach dem zweiten Weltkrieg. Die Lohnabhängigen waren zu schwach, eine sozialistische Wirtschaftsordnung zu erkämpfen, und die Kapitalisten waren nicht mehr stark genug, ihre Interessen uneingeschränkt durchzusetzen. Den Lohnabhängigen mussten Lohnsteigerungen in der Größe der Produktivitätssteigerungen zugestanden werden, die es ihnen ermöglichte, einen weit größeren Anteil der kapitalistischen Produktion zu konsumieren als je zuvor. Dennoch blieben jene Grenzen der privaten Konsumtionsmöglichkeiten erhalten, die Keynes als „relative Stagnation“ bezeichnet hat: Die Armen könnten mehr konsumieren als ihnen gemäß ihrer Löhne möglich ist, aber sie haben nicht die finanziellen Möglichkeiten. Und die Reichen könnten zwar mehr konsumieren, tun es aber nicht und sparen. Eine regelmäßige Umverteilung des Volkseinkommens zugunsten der arbeitenden Mehrheit der Völker würde allerdings die ökonomische und politische Vorherrschaft des Kapitals in Frage stellen. So schien das keynesianische Modell der Akkumulation über die Stärkung des inneren Marktes für das Kapital ohne weitere Zukunft. Alle drei Entwicklungen des Verwertungsprozess des Kapitals mussten im internationalen Maßstab neu strukturiert werden. 2. Die neoliberalen Lösungsansätze für das Problem der zu kleinen Absatzmärkte: a. Für das Kapital werden neue Absatzmärkte – sei es für Geld- oder Produktionskapital - am Weltmarkt erschlossen. Der formalrechtliche Rahmen für diese Politik wurde seit Ende der 70er Jahre durch die Institutionen des Internationalen Währungsfond, der Weltbank und der heutige Welthandelsorganisation durchgesetzt. Der freie Kapitaltransfer am modernen Weltfinanzmarkt, der von Zollschranken möglichst unbehinderte internationale Warenhandel und die freie Konvertierbarkeit der meisten Währungen sind gleichermaßen Ergebnis der neoliberalen Politik wie auch Voraussetzung für deren lang andauernden ökonomischen Erfolg. b. Für das Kapital werden neue Absatzmärkte im Inneren der nationalen Volkswirtschaften erschlossen: Gesellschaftliche Bereiche die bisher vor der kapitalistischen Verwertung geschützt waren, bzw. keine angemessene Profitrate versprachen, werden für die kapitalistische Verwertung hergerichtet. Mit der Privatisierung des öffentlichen Wohnungsbaus, der Luftfahrt und des Eisenbahnverkehrs, der Post und der Telekommunikation, des Gesundheitssektors und der Schulen und Universitäten wurde und wird anlagesuchendem Kapital mittels politischer Entscheidungen ein stetig wachsender Markt zur Verfügung gestellt. c. Verlagerungen der Produktion im Weltmaßstab erfordern riesige Kapitalinvestitionen in den Aufbau einzelner Werke oder ganzer Industriezweige. Mit Beginn der neuen internationalen Arbeitsteilung seit Ende der 70er Jahre wurden ganze Produktionsbereiche (z.B. Textilindustrie, Schiffbau) in Europa und Nordamerika weitgehend abgebaut und die Produktion in andere Weltteile ausgelagert. Die Umstrukturierung der weltweiten Industrieproduktion und die nachholende Kapitalisierung ganzer Nationen auf Weltmarktniveau - wie Brasilien, Korea und heute China und Indien - bietet dem Kapital immer neue Anlagemöglichkeiten. d. Kapital für das sich keine Verwertungsmöglichkeit mit angemessener Profitrate findet, wird vernichtet. Die Vernichtung überflüssigen Kapitals kann verschiedene Formen annehmen: die gewöhnliche wirtschaftliche Rezession, Spekulationsblasen (z.B. Internethype am Aktienmarkt 2001, Immobilienblase in den USA 2008), internationalen Schulden- und Währungskrisen (z.B. SO-Asienkrise 1997, Argentinien 2002), Inflation (z.B. Dollarkurs bei 1,50 Euro). 3. Wie konnte das neoliberale Projekt auf politischem und ökonomischem Gebiet durchgesetzt werden? Die hauptsächlichen Merkmale des neoliberalen Akkumulationsregimes sind in der Tabelle aufgelistet, die die realwirtschaftliche und finanzwirtschaftliche Sphäre enthält: Finanzsphäre Klassenkampf Produktionssphäre Weltweite Deregulation des Finanzmarktes (IWF) und des Warenhandels (WTO): freie Währungskonkurrenz und freier Gewinntransfer; kapitalist. Konkurrenz kann im weltweiten Maßstab wirken; Atomisierung der ArbeiterInnenklasse im Rahmen der neuen internationalen Arbeitsteilung: Steigerung der Profitrate über weltweite Senkung des Lohnanteils absolute Ausdehnung der Produktion bei absoluter Einsparung von Arbeitskraft: Vergrößerung der industriellen Reservearmee Schaffung neuer innerer Märkte (Wohnen, Gesundheit, Bildung, Verkehr) Schaffung neuer innerer Märkte (Wohnen, Gesundheit, Bildung, Verkehr) Transportmaschinen(v.a. Container): Beschleunigung der Umschlagszeit des Kapitals Abschaffung von Schutzzöllen in den sich neu industrialisierenden Staaten: neue Absatzmärkte durch Zerstörung der Nationalökonomien Lateinamerikas und Afrikas. Die EU und NAFTA wachsen schneller als die gewerkschaftlichen und politischen Organisationsstrukturen der Lohnabhängigen Steuerungsmaschinen: effektivere Produktion und Dezentralisaton; just-in-time-production. Weniger Kapital als Rohstoff und Ware gebunden In unserer Betrachtung muss auf die Wirtschaft der USA eingegangen werden, weil diese in besonderem Maße sowohl verantwortlich ist für die weltweite Durchsetzung des Neoliberalismus als auch für die Entstehung der damit verbundenen Widersprüche und Krisen. Die neoliberale Struktur des US-Kapitalismus, die sich in den 80er und 90er Jahren herausgebildet hat, entsprach zunehmend einer “Rentiers- und Raubökonomie”. Die kapitalistische Produktion von Mehrwert im industriellen Sektor wird immer mehr reduziert, und die Aneignung von Zins und Grundrente im internationalen Maßstab gewinnt zunehmend an Bedeutung. Die Entwicklung der US-Binnenökonomie wurde über die zunehmend externe Finanzierung des Staatshaushaltes ermöglicht. Nationen, die auch für den Export in die USA produzierten, kauften für die erwirtschafteten Dollars US-Staatsanleihen. Dies ermöglichte den USA das doppelte Defizit: Die Defizite der amerikanischen Haushalte wurden regelmäßig durch Dollaranlagen der anderen Nationen finanziert. Ebenso ermöglichten diese Dollarzuströme den USA weiterhin, Waren zu importieren und ein ständiges Handelbilanzdefizit zu finanzieren. Die politische und ökonomische Machtstellung des USA ermöglichte auch die Durchsetzung des neoliberalen Akkumulationsmodells im Weltmaßstab über die Institutionen des IWF und der WTO. Die Durchsetzung des neoliberalen Akkumulationsmodells durch die USA hatte die Unterstützung der europäischen und japanischen Bourgeoisie gefunden, da auf diese Weise neue Absatzmärkte in Osteuropa, Asien und Südamerika für alle imperialistischen Ökonomien geschaffen wurden In den USA ermöglichte die Politik der Internationalisierung der Produktion bzw. die Drohung damit die Zerschlagung der US-amerikanischen ArbeiterInnenbewegung und die weitestgehende Senkung der Sozialstandards. Der Gesundheitssektor wurde durchkapitalisiert und auf die Bedürfnisse der Bourgeoisie ausgerichtet, das durchkapitalisierte Bildungssystem produziert noch ausreichend Führungskader, das technische Personal wird international akquiriert Die Globalisierungsstrategie der US-Bourgeoisie kann allerdings nur funktionieren, solange für das US-Kapital
Ein besonderer Aspekt ist zu beachten: Der südostasiatische Wirtschaftsraum bildet heute mit der US-Ökonomie eine untrennbare Einheit und ist die Grundlage für die immer noch erfolgreiche Akkumulationsstrategie des US-Imperialismus. Dem südostasiatischen Raum kommt die Schlüsselrolle bei der zunehmenden Deindustrialisierung der USA zu wie auch die externe Finanzierung des US-Staatshaushalts von der wirtschaftlichen Entwicklung Süd-Ost-Asiens abhängt. Die USA werden oder sind der wichtigste Absatzmarkt für die Produkte der sich in der so-asiatischen Region industrialisierenden Länder. Diese sind gezwungen, die verdienten Dollars nicht zu verkaufen, da ansonsten der Kurs der eigenen gegenüber der US-Währung zu stark werden würde und sich diese Länder ihren wichtigsten Absatzmarkt und ihre eigene wirtschaftliche Entwicklung beschneiden. Daher kaufen diese Ländern US-Staatsschulden und finanzieren wiederum das Defizit des US-Haushalt und der amerikanischen Handelsbilanz. Damit aber sichern sich diese Länder weiterhin große Exporterfolge in den USA; als Gegenbuchung werden Teile der amerikanischen Industrie auskonkurriert. Die chinesischen Importe drohen, nicht nur die Sockelarbeitslosigkeit für die Aufrechterhaltung eines niedrigen Lohnniveaus in den USA zu vergrößern, sie konkurrieren faktisch immer mehr eh schon billige und willige US-Arbeitskräfte aus. Wenn zunehmend nicht mehr Profite in der Realökonomie zu realisieren sind, beginnt die spekulative Suche nach Profiten in der Finanzsphäre. Für das amerikanische Kapital droht ein weiterer Widerspruch. China ist ein wichtiger Anlagemarkt für US-Kapital. Dort wird dieses verwertet, die Realisierung des Mehrwerts erfolgt über Verkauf der Waren auf dem größten Absatzmarkt Chinas, den USA. Diese Realisierung des Mehrwerts wird aber durch Aufkauf von Dollars durch China finanziert; denn dies verhindert einen Dollarkursverfall, gleichzeitig können amerikanische Geldanleger ihre Profite in Dollar erhalten Dem Zyklus G-W-G’ über Währungsgrenzen hinweg sind jedoch klare Grenzen gesetzt: Wenn die Zinslast für die Finanzierung des Außenhandelsdefizits der USA sich der Zinsrate des im anderen Währungsräumen angelegten Kapitals annähert, findet keine Verwertung mehr statt. Die US-Bourgeoisie steht nun im Falle Chinas vor der Wahl zwischen Pest und Cholera: entscheidet sie sich für einen besseren Schutz der nationalen Industrie vor der chinesischen Konkurrenz, wirkt das negativ auf die Verwertungsrate des in China angelegten US-Kapitals. Entscheidet sie sich für optimale Verwertung dieses Kapitals in China, werden die Klassenauseinandersetzungen in den USA zunehmen, und die Finanzierung des US-Staatshaushalts wird in zunehmendem Maße vom politischen Willen Chinas abhängig gemacht. V. Abschließend: Merkposten zur internationalen Geschichte des Neoliberalismus 1. Explodierende Finanzmärkte - Krise des Neoliberalismus ? Dieser Abschnitt kann nicht vollständig sein. Aber zur Geschichte des Neoliberalismus gehören immer auch die politischen Bemühungen um einen wettbewerblichen internationalen freien Handels- und Kapitalverkehr. Der Prozess der Globalisierung ist das Ergebnis der internationalen Durchsetzung der oben charakterisierten Elemente des Neoliberalismus. Aber wir wissen auch: Parallel dazu funktioniert ein internationales Welthandelssystem offenbar weiterhin, wenn auch die Wachstumsraten geringer, gar negativ werden. An dieser Stelle muss offenbleiben
Dagegen spricht: Viele Korrekturen (erhöhte Eigenkapitalanforderungen an Banken, Verstaatlichung von Banken, staatliche Konjunkturprogramme) stellen ein neues Verständnis von regelmäßigem staatlichem Interventionismus in der Wirtschaft dar und könnten das Zeitalter des wirtschaftlichen Liberalismus beenden. VI. Die Fehler des Neoliberalismus Krisen entstehen aus dem systembedingten Auseinanderklaffen von Produktionsmöglichkeiten (Kapazitätsaufbau = Akkumulation) und ihrer Ausnutzung bzw. Auslastung. Über den Kapazitätsaufbau entscheiden Profit, Konkurrenz, also kapitalistische Systemelemente; über die Kapazitätsauslastung die Löhne und Gehälter, Staatsnachfrage und Exporte. Die gesamtwirtschaftliche Nachfrage ist letztlich die objektive Schranke für die Auslastung der Kapazitäten und langfristig für den Kapazitätsausbau (Wachstum). Die keynesianische Wirtschaftspolitik hat diesen Zusammenhang beachtet. Sie war daher auch „nachfrageorientiert“ und sah in der Stabilisierung der Massennachfrage auch eine Voraussetzung zur Aufrechterhaltung eines profitgesteuerten Wirtschaftssystem. Dass damit auch eine für Kapitalinteressen erfahrbare Begrenzung eines ungezügelten Profitstrebens verbunden war, haben wir oben erläutert. Wir haben erlebt, dass die Krisenhaftigkeit des Kapitalismus zunehmend „erklärt“ wurde durch die Beschränkung der Anlagesphäre, da noch viel Bereiche öffentlicher Güterproduktion existieren. Wir haben auch aufgezeigt, dass weltwirtschaftliche Veränderungen, etwa das Verschwinden einer sozialistischen Wirtschaftsgemeinschaft, mit dazu beigetragen haben, dass nunmehr verstärkt eine Rekonstruktion eines vorrangig profitgesteuerten Wirtschaftssystems unternommen werden konnte. Diese beinhaltet eine Ausrichtung der Wirtschaftsprozesse und der Wirtschaftspolitik auf die einseitige Förderung der Interessen der Anbieter. Diese „Angebotspolitik“ sorgt daher für Lohn- und Sozialabbau, mit Privatisierung für eine Erweiterung der privaten Anlagefelder und mit der Zerschlagung der Arbeitnehmerrechte für eine Unterordnung der Gesellschaft unter Profitinteressen. Aber dieser Neoliberalismus, also die Durchsetzung ökonomischer Kalküle in allen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bereiche, produziert erneut und regelmäßig Krisen.
Arbeitsplan Teil II.: Kritik der Hamburger Wirtschaftspolitik I. Das Konzept neoliberaler Politik in Hamburg II. Kritik an der Konzeption der „Wachsenden Stadt“ III: Clusterförderung in der Hamburger Wirtschaftspolitik 1. Das Konzept 2. Kritik der Hamburger Clusterpolitik 3. Unsere Position I. Das Konzept neoliberaler Politik in Hamburg Im Jahr 2002 erscheint die Senatsdrucksache „Leitbild: Metropole Hamburg -Wachsende Stadt“, die 1 Jahr später nochmals auf 100 Seiten ergänzt wird durch eine Fortschreibung des Leitbildes. Als Ziel der Hamburger Wirtschaftspolitik wird die Zuname der Bevölkerung, von Unternehmen und Arbeitsplätzen benannt. Hamburg will in die Spitzengruppe der internationalen Metropolen aufsteigen – und zugleich soll diese Strategie zur Verbesserung der Hamburger Haushaltssituation beitragen und die Steuereinnahmen steigern. Die Ziele und Schwerpunkte der „Wachsenden“ Stadt lauten : 1. Die Erhöhung der Einwohnerzahl Hamburgs soll durch Reduzierung der Umlandwanderungen und durch Förderung des Zuzugs von „qualifizierten“ Zuwanderer und Familien erreicht werden. Für die Familienförderung müssen zusätzliche Wohnbauflächen zur Verfügung stehen und die Lebensqualität insgesamt erhöht werden. 2. Ein überdurchschnittliches Wachstum und Beschäftigung soll angestrebt werden durch Entwicklung bzw. Förderung der Cluster, aber auch durch Mittelstandsförderung und einer Neuausrichtung der Hamburger Arbeitsmarktpolitik ausschließlich auf den ersten Arbeitsmarkt. 3. Hamburgs Funktion als Metropole soll ausgebaut werden. Dazu gehören die Stärkung des Bildungs- und Wissenschaftsstandortes Hamburg und die Steigerung der internationalen Attraktivität. II. Kritik an der Konzeption der „Wachsender Stadt“ Das Leitbild als ideelle und ökonomische Anschubstrategie hat Folgekosten. Die Zielgruppe sind u.a. junge Familien mit Kindern. Die Senatsdrucksache geht davon aus, dass jede 2. Familie zwei Kinder hat. Der daraus resultierende Mehrbedarfe (Zahlenangaben aus der Senatsdrucksache zum Leitbild: Wachsende Stadt. Hamburg 2002)) an Hortunterbringung, Schulen u.ä. führt zu Mehrausgaben je zusätzlichem Einwohner von 1700 €. Für Sozialhilfe, Wohngeld u.ä. werden zusätzliche Ausgaben erwartet, die aber bei dem avisierten Klientenkreis eher unterdurchschnittlich auftreten - auch weil die Strategie der Wachsenden Stadt als Erhöhung des Wirtschaftswachstums zur Senkung sozialen Kosten führen wird. Allerdings werden bei den zuziehenden Familien auch überdurchschnittlich viele Studierende (10 Prozent) gegenüber bisherigen Familien (3 Prozent) vertreten sein. Eine konkrete Rechnung über Gewinne und Kosten der erwünschten Zuwanderung stellt den durchschnittlich erwarteten 3000 € Gewinn je zugezogenem Haushalt zusätzlich Kosten für soziale Leistungen sowie Schul- und Hochschulnutzung von 2310 € gegenüber, wodurch netto ein Gewinn von 690 € verbleibt. Mit dieser Summe würde sich der fiskalpolitische Ertrag des angestrebten Bevölkerungswachstums, zumal die Bevölkerungsentwicklung ohnehin eher ein längerfristiger Prozess ist, nicht spürbar einstellen. Der daraus zu ziehende Schluss allerdings ist von erheblicher Bedeutung für die Gesamtbeurteilung der Strategie: „Um mit dem Projekt „Wachsende Stadt“ einen Beitrag zur Haushaltkonsolidierung zu leisten, muss die Finanzierung aller Anschubvorhaben und Folgekosten also weitestgehend durch Umschichtungen erfolgen.“ Es heißt auch, dass für die Aufgaben für die Wachsende Stadt das Prinzip der Bestandsfinanzierung zu beachten ist. Neue Prioritäten - das geht über die bevölkerungspolitische Seite des Leitbildes hinaus - müssen aus Umschichtung und Einsparungen an andere Stelle finanziert werden Also: Mit jeder Zuwanderung (und wohl auch mit anderen kostenverursachenden Realisierungen von Leitbildelementen), die in diesem Fall 3000 € bringt, kommt es zum Abzug von 2310 € aus anderen Bereichen. Damit gibt es Verliererbereiche der Wachsenden Stadt. Da aber die Sparpolitik nicht unmittelbar ihre eigenen Ziele konterkarieren will, darf die Sparpolitik nicht zu Einsparungen bei denen führen, die man gerade haben will. Folglich muss die Sparpolitik bei jenen ansetzen, die schon da sind, als Steuerzahler nicht vertrieben werden, weil sie nicht den Auszug aus Hamburg planen und ökonomisch zu großen Teilen nicht die Adressaten der Attraktivitätsstrategie sind. Diese Merkmale treffen insgesamt auf einkommensschwache Haushalte in Hamburg zu; damit sind Grundzüge der Konstruktion der gespaltenen Stadt geschaffen. Was wird ausgeblendet? Die Ausführungen in den beiden Senatsdrucksachen (2002, 2003) thematisieren nicht Folgen der gegenwärtigen ökonomischen und demografischen Entwicklungen. Ausgeblendet wird der Alterungsprozess der Gesellschaft, die Existenz eines hohen Anteils von arbeitslosen Ausländern, die große Zahl der prekär Beschäftigten, die Qualifikationsdefizite der Langzeitarbeitslosen, die Erosion des „Normalarbeitsverhältnisses“, Scheinselbständigkeit, Teilzeit- und Saisonarbeit, die Durchdringung des Arbeitsmarktes durch nahezu ausschließlich befristete Arbeitsverhältnisse und die wachsende Bedeutung des Niedriglohnsektors. Zu den steigenden Integrationsanstrengungen des vorhandenen Erwerbspersonenpotentials fehlen diesbezügliche Angebote. Die erwünschten Zuzüge aus dem In- und Ausland sollen die Lücken füllen, die ein nicht weiter integriertes und nicht genutztes Hamburger Erwerbspersonenpotenzials hinterlässt. Aber diese Klientel erscheint weder interessant für die Aufwertung der Wachsenden Stadt noch sind deren Wohnorte für eine Sanierung zwecks Schaffung attraktiver Wohnstandorte vorgesehen. Kehrseite des einfachen sozialpolitischen Selbstverständnisses des Senates, der nicht eine horizontale, plafondsähnliche sozialpolitische Absicherung „nach unten“ anstrebt, sondern auf die integrierende Kraft der ökonomischen (Steuer-) Stärke qualifizierter Zuwanderer setzt, deren ökonomische Potenz gleichwohl einen trichterähnlichen Durchfluss von sozialen Leistungen erst „nach unten“ ermöglicht, zeigt sich in einer neuen Definition des Verhältnisses von Markt und Staat. Die Merkmale sind u.a.: Privatisierung öffentlicher Dienste, Regie- und Eigenbetriebe zur Effizienzsteigerung zum Preis schwindender kommunaler Steuerungs- und Kontrollmöglichkeiten, Verkauf städtischer Wohnbestände und Liegenschaften, die für eine nachhaltige Stadtentwicklung sowie für Wohnzwecke gebraucht würden, verwaltungsnahe Privatisierungen (städtische Sanierungsträger, Wirtschaftsförderungsgesellschaften und Privat-Public-Partnership-Gesellschaften), Gebührenerhöhungen für kommunale Dienstleistungen, Personalrationalisierungen im öffentlichen Dienst durch die Verlagerung von Aufgaben in den Non-Profi-Sektor, Verhinderung (bzw. Schließung) von Sozialprojekten mit Folgekosten; Ausdünnung bestehender öffentlicher Infrastruktur wie Schwimmbäder, Bibliotheken, Jugendzentren. Und die „Sparpolitik“ zur Kompensation der Kosten aus der Durchsetzung des Leitbildes sind drohende Schulschließungen, Gebührenerhöhungen für die Kinderbetreuung (Kita), Einsparungen bei Kultureinrichtungen, Schließung von Stadtbüchereien u.v.m. Damit geraten benachteiligte Quartiere und Menschen aus dem Blick der Stadtpolitik und ins Visier der Ansiedlungs- und Zuwanderungspolitik, die wiederum in ihren Erfolgen abhängig ist vom individuellen Ergebniskalkül derjenigen, die ihre private Standort- und Lebensplanung von Kultur- und Freizeitmilieu abhängig werden lassen. Exkurs: Die im Leitbild enthaltene Nutzung (und Schaffung) von Ungleichheit ist wesentlicher Stimulans in der neoliberalen Theorie und da vor allem in ihrem wirtschaftstheoretischen Konzept der Neoklassik. Dort ist die Zukunftsfürsorge – also die Investition – an die wichtige Voraussetzung des Sparens gebunden: Investition als Nachfrage nach Geldkapital kann nur realisiert werden, wenn Sparkapital als Angebot auf dem Kreditmarkt vorhanden ist. Hier sind also die im Leitbild „Wachsende Stadt“ geförderten Wirtschaftssubjekte erwünscht, deren Einkommen über die Reproduktionsausgaben hinaus zu Sparangeboten führen – was in der neoliberalen Theorie Voraussetzung dafür ist, dass andere dies zu Investitionszwecken nachfragen können. Eine Umverteilung, die zu egalitären Einkommen führt und diese Einkommensüberschüsse einzelner verschwinden lässt, reduziert folglich die Investitionspotentiale. So ist Ungleichheit, also Reichtum einer Minderheit in der Gesellschaft, sinnvoll, weil erst dadurch Investitionen möglich werden, die zu Einkommen und Arbeit für sozial schwächere Einkommensbezieher führen. Das ist der Kern der neoliberalen Theorie, das ist ihr sozialpolitisches Angebot. III. Clusterförderung in der Hamburger Wirtschaftspolitik 1. Das Konzept Im Zentrum der Hamburger Stadtentwicklung steht die Förderung sog. Cluster. Darunter ist eine organisierte Zusammenarbeit – ein Netzwerk - von Unternehmen aus verschiedenen Branchen zu verstehen, die eine Wertschöpfungskette darstellen. Dazu gehören oft auch staatliche Einrichtungen, etwa Institute von Universitäten. Solche Cluster, oft auch „Zukunftsbranchen mit internationaler Ausstrahlung“ betitelt, sind in Hamburg - Lifescience - Nano- und optische Industrien - Luftfahrtindustrie - IT und Medien - Hafen und Logistik - Das sog. China-Portal. Eine Clusterpolitik zielt auf Förderung des Wachstums, der Innovation und Gründungsaktivitäten durch Erschließung der endogenen Agglomerationsvorteile der „Metropole Hamburg“, der Förderung von clusterspezifischen Faktoren, Entwicklung clusterspezifischer Ausbildungsprogramme und staatlicher Verbesserung der Infrastruktur für die Cluster. Es wird somit eine soziale Vernetzung der Akteure aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft angestrebt. Der größte Vorteil wird in sog. Spill-over-Effekten gesehen, wobei allen Clusterakteuren ein lokales Wissenspotential unterstellt wird. Dahinter steht die Idee, dass alle Akteure von diesem angehäuften Wissenspotential unentgeltlich profitieren und aufgrund der gemeinsam geteilten Wissenbasis rasche gegenseitige Lernprozesse möglich sind.Diese Clusterförderung steht im Zusammenhang mit dem Konzept der "Wachsenden Stadt", nämlich dem Setzen auf „qualifizierte“ Zuwanderung. und verstärkte Ausbildungsangebote für die Bedarfe dieser Cluster etwa bei der TU Harburg Von diesen „Kompetenzclustern“ wird „internationale Ausstrahlung“ erwartet. Damit ist Exportorientierung gemeint d.h. die Produktion in den Clustern ist von vornherein für den Absatz außerhalb Hamburgs – in andere Bundesländer und ins Ausland - abgestellt. Die angestrebte hohe Produktivität der Cluster als Charakteristikum und auch Instrument im nationalen und internationalen Wettbewerb lässt aber ihre Eignung als Mittel zur Verbesserung sowohl der Hamburger Haushaltssituation als auch der Arbeitsmarktlage bezweifeln. Ein Cluster mit hoher Produktivität erreicht ein Wachstum mit vergleichsweise geringerem Arbeitseinsatz. Diese für Beschäftigung und Steuereinnahmen eher eingeschränkte Wirkung kann nur verhindert werden, wenn ein überdurchschnittliches Wachstum erreicht werden kann. Dieses freilich ist nur im nationalen und internationalen Wettbewerb noch möglich. Die nationale künftige Konjunkturentwicklung als auch die Fähigkeit, im internationalen Wettbewerb anderen Konkurrenten Marktanteile wegzukonkurrieren, entscheiden künftig über die Beschäftigungs- und auch Haushaltslage, also darüber ob „Cluster mit internationaler Ausstrahlung Motoren der regionalen Entwicklung“ sind. Kritik der Hamburger Clusterpolitik
3. Unsere Position Wir sind uns einig, das Senatskonzept „Wachsende Stadt“ nicht in Bausch und Bogen zu verdammen und wollen vielmehr etwas anderes dagegen setzen: a) aus sachlichen Erwägungen: Im Zuge der Diskussion wurde anerkannt, dass einige Argumente zur Begründung dieser Politik (Clusterpolitik) durchaus einleuchten und dass mögliche Erfolge nicht von der Hand zu weisen sind, zumal Hamburg als „Tor zur Welt“ schon seit langem seinen natürlichen Cluster, nämlich den Cluster „Hafen Hamburg“ (heute: inclusive Logistik) hat und von diesem in der Vergangenheit und Gegenwart profitiert. Die Frage wäre daher: In welchem Umfang und zu welchem Preis? Hinweis: Hier sollte als erstes eine kleine Aufzählung solcher unzweifelhaften Erfolge folgen. Sodann wären aber die folgenden Punkte aufzugreifen, zu recherchieren und zu prüfen: Elbphilharmonie: Ihre Kosten im Verhältnis zu den voraussichtlichen Einnahmen U-Bahn Hafencity: Welche Alternativen einer einfachen Bus- oder Stadtbahnverbindung hätte es gegeben ? Hafen und Logistik –Containerterminal: Wie sind in diesem zunehmend automatisierten Dienstleistungsbereich die Arbeitsplatzgewinne bzw. –Verluste zu quantifizieren Airbus: Wie viel Fördermittel (Hamburg, Bund, EU) wurden aufgewandt, um Airbus zu behalten und auszubauen? Wie viel Arbeitsplätze sind geschaffen worden, wie hoch sind die öffentlichen Subventionen pro Arbeitsplatz? b) aus politisch-strategischen Gründen: Es erhöht die Akzeptanz der eigenen politischen Linie sowohl in der Bevölkerung wie auch auf Seiten anderer Parteien, wenn wir Teilen des Konzepts, welche wir akzeptieren können, auch zustimmen. Umso glaubwürdiger können weitere eigene Vorstellungen und alternative Ansätze dazu „rübergebracht“ und „hoffähig“ gemacht werden. Wir müssen feststellen: Clusterpolitik ist keine Hamburger Erfindung.. Cluster sind weit verbreitet- sie ersetzen den Begriff des Wachstumspols., der lange Zeit Leitbild der Regionalpolitik war. Deshalb sprechen wir uns nicht generell gegen Clusterpolitik aus, sondern gegen die Art, wie Clusterpolitik derzeit betrieben wird.. Wir wollen nicht auf „qualifizierte Zuwanderer“ setzen, sondern auf die Fähigkeiten der in Hamburg bereits wohnenden und arbeitenden Menschen und diese Fähigkeiten nutzen oder weiter qualifizieren. Ein solches Stadtentwicklungskonzept muss aber noch erarbeitet werden. Es verlangt eine Klärung der inhaltlichen Bestandteile und Schritte ihrer Umsetzung. Das kann ein konkretes Projekt, einen konkreten Stadtteil enthalten, einen perspektivischen Ausblick enthalten. Und nicht zuletzt ist der Zeithorizont unseres Vorhabens zu benennen. Dieses Vorhaben soll fortgesetzt werden – hier war zunächst über erste Ergebnisse dieser Diskussionen zu berichten T.here I.s N.o A.lternative (M. Thatcher)
Einige Thesen zur neoliberalen Phase Zusammenfassung: Die neoliberale Entwicklung der letzten 30 Jahre hat ihre Ursache im Klassenkampf der 70er Jahre, den Emanzipationsbestrebungen der gerade entkolonialisierten Staaten und in der Erschöpfung des keynesianischen Entwicklungsweges. Die gesellschaftliche Entwicklung musste in Richtung Sozialismus oder in die Erneuerung des Kapitalismus münden. Das neoliberale Projekt wurde im internationalen Maßstab auf politischem und ökonomischen Gebiet durchgesetzt. Dazu wurde die internationale Arbeitsteilung und der Produktionsprozess völlig neu organisiert und ein einheitlicher rechtlicher Rahmen für einen ungehinderten weltweiten Verkehr des Kapitals geschaffen. Wesentliche Voraussetzung für das Funktionieren des neoliberalen Akkumulationsmodells war die Zurückdrängung des sozialistischen Lagers. Folgende Fragen werden gestellt: 1. Wieso war eine vollkommen neue Organisation der weltweiten kapitalistischen Akkumulationsstrukturen nötig? (S. 1) 2. Welche gesellschaftlichen Entwicklungswege waren möglich? (S. 4) 3. Wie konnte das neoliberale Projekt auf politischem und ökonomischem Gebiet durchgesetzt werden? (S. 5) 1. Wieso war eine vollkommen neue Organisation der weltweiten kapitalistischen Akkumulationsstrukturen nötig? 1.) Ende der 60er, Anfang der 70er Jahre führte der Klassenkampf[1] in Westeuropas und Nordamerikas zu einem direkten Angriff auf die Profitrate des Kapitals: die Lohnsteigerungen übertrafen die Produktivitätszuwächse und hatten dadurch eine Verringerung der Profitrate zur Folge (z.B. zweistellige Lohnsteigerungen im öffentlichen Dienst und wilde Streiks im industriellen Sektor der BRD). Vorbedingung für diese Entwicklung war eine kämpferische ArbeiterInnenklasse, das Fehlen einer industriellen Reservearmee in Nordamerika und Westeuropa, sowie die Existenz eines sozialistischen Staatenblocks, der die Handlungsfähigkeit des Kapitals auf globaler Ebene begrenzte. Das ökonomische Kommando des Kapitals über die Lohnarbeit wurde durch den politischen und ökonomischen Klassenkampf in Frage gestellt. 2.) Parallel zu dieser Entwicklung verkleinerte sich der internationale Absatzmarkt für den Kapitalismus, da nach der endgültigen Auflösung des Kolonialsystems immer mehr Länder unter dem politischen Schutz der Sowietunion dazu übergingen, eigene nationale Industrien aufzubauen, die durch Schutzzölle vor der übermächtigen Konkurrenz Europas und Nordamerikas geschützt waren. Der äußere Markt der kapitalistischen Staaten wurde dadurch zunehmend eingeengt, das erreichte Niveau der kapitalistischen Akkumulation erforderte jedoch einen für die Waren des nordamerikanischen und europäischen Kapitals immer größeren Weltmarkt als Absatzmarkt (so könnten heutzutage die 30 deutschen Dax-Konzerne in Deutschland oder Europa nicht existieren, sie benötigen den Weltmarkt als Absatzmarkt). Sowohl das sozialistische Lager als auch der kapitalistische Westen entwickelten politische Handlungsstrategien auf Weltebene, die dem jeweiligen Produktionssystem angemessen waren: das sozialistische Lager produzierte Gebrauchsgüter für die Bedürfnisbefriedigung. Für dieses ökonomische Modell sind wachsende Märkte keine Existenzbedingung, daher konnte hier das Konzept der friedlichen Koexistenz formuliert werden. Der kapitalistische Westen produzierte Waren um Kapital zu verwerten, dieses ökonomische Modell erfordert immer größere Absatzmärkte, daher wurde von der US-Bourgeoisie die Zurückdrängung des sozialistischen Lagers immer als existentielle Frage verstanden. 3.) Gleichzeitig war das fordistische Akkumulationsmodell an seinen Grenzen angelangt. Nach dem zweiten Weltkrieg war die kapitalistische Akkumulation zum einen über den notwendigen Wiederaufbau nach den Zerstörungen des zweiten Weltkriegs verlaufen. Zum anderen wurde die Entwicklung eines inneren Absatzmarktes als zeitweise Lösungsmöglichkeit für die Verwertungsschwierigkeiten des Kapitals in nahezu allen kapitalistischen Staaten unter dem Schlagwort des Keynesianismus offizielle Wirtschaftspolitik (in der marxistischen Diskussion wird dieses Modell der Akkumulation auch fordistisches Akkumlationsmodell genannt. Hier spielt die Produktionsstruktur in der kapitalistischen Fabrik mit Fließbandproduktion und die soziale Zusammensetzung der Fabrikbelegschaften mit einer Mehrheit von ungelernten Massenarbeitern eine zentrale Rolle). Die politische Basis für das fordistische Akkumulationsmodell war ein Klassenkompromiss zwischen Lohnabhängigen und Kapitalisten nach dem zweiten Weltkrieg. Die Lohnabhängigen waren zu schwach eine sozialistische Wirtschaftsordnung zu erkämpfen und die Kapitalisten waren nicht mehr stark genug ihre Interessen uneingeschränkt durchzusetzen. Den Lohnabhängigen mussten Lohnsteigerungen in der Größe der Produktivitätssteigerungen zugestanden werden, die es ihnen ermöglichte, einen weit größeren Anteil der kapitalistischen Produktion zu konsumieren als je zuvor. Allerdings stößt der private Konsum irgendwann an menschliche Grenzen: wenn alle ein Auto, einen Fernseher und einen Kühlschrank haben, funktioniert die Entwicklung des inneren Absatzmarktes nicht mehr. Dazu kamen technologische Fortschritte in der Produktion: Mit immer weniger Kapital konnte immer mehr produziert werden. Das keynesianische Modell der Akkumulation über den inneren Markt war für das Kapital ausgereizt. Alle drei Entwicklungen zusammen stellten die ökonomische und politische Vorherrschaft des Kapitals in Frage. Der Verwertungsprozess des Kapitals musste im internationalen Maßstab neu strukturiert werden. Exkurs zur Schwierigkeit der Kapitalverwertung, die aus dem normalen Geschäftsbetrieb des Kapitalismus entsteht: Ausgangspunkt der Darstellung ist die Tatsache, dass Kapital mit einer im historischen Maßstab angemessenen Profitrate verwertet werden muss: aus Kapital muss beständig mehr Kapital werden, d.h. es muss beständig wachsen. Das beständige ökonomische Wachstum des Kapitals (die „Akkumulation des Kapitals“ bei Marx) erzeugt aus sich selbst heraus im alltäglichen Prozess der kapitalistischen Verwertung zwei grundlegende Probleme für die Verwertung des Kapitals und damit für das Wachstum des Kapitalismus: 1. Problem: Das Kapital wächst schneller als die Absatzmärkte. Wo und wie können neue Absatzmärkte für das Kapital geschaffen werden? 2. Problem: Der technische Fortschritt sorgt dafür, dass mit relativ weniger Kapitaleinsatz immer mehr Geraffel produziert werden kann. Welche technischen Entwicklungen können das angehäufte Kapital absorbieren? Diese zwei Grundprobleme kapitalistischer Gesellschaften entstehen aus der gesellschaftlichen Struktur der Produktion und Verteilung des Reichtums: während die Produktion des gesellschaftlichen Reichtums auf gesellschaftlicher Ebene erfolgt, findet die Aneignung des gesellschaftlichen Reichtums auf privater Ebene durch die Kapitalisten statt. Dadurch wird regelmäßig Kapital angehäuft für das es keine sinnvollen Investitionsmöglichkeiten gibt. Das überflüssige Produktionskapital wird im Regelfall in den konjunkturellen Krisen aus der Welt geschafft, indem die überflüssigen Betriebe Pleite gehen. Wird über einen längeren Zeitraum Geldkapital angehäuft für das es keine Investitionsmöglichkeiten gibt, wird dieses mittels geplatzter Spekulationsblasen aus der Welt geschafft. Eine Lösung für diesen Widerspruch zwischen gesellschaftlicher Produktion und privater Aneignung des Reichtums gibt es im Kapitalismus nicht: die konjunkturelle Krise und die Spekulationsblase sind unverzichtbares Korrektiv eines blödsinnigen gesellschaftlichen Organisationsmodells. Eine Lösung dieses Problems ist theoretisch nur denkbar, wenn der Produktion auf gesellschaftlicher Ebene die Aneignung des produzierten Reichtums durch die Gesellschaft entspricht, d.h. in einer geplanten sozialistischen Ökonomie.[2] Die neoliberalen Lösungsansätze für das Problem der zu kleinen Absatzmärkte: A) Für das Kapital werden neue Absatzmärkte – sei es für Geld- oder Produktionskapital - am Weltmarkt erschlossen. Der formalrechtliche Rahmen für diese Politik wurde seit Ende der 70er Jahre durch die Institutionen des Internationalen Währungsfond, der Weltbank und der heutige Welthandelsorganisation durchgesetzt. Der freie Kapitaltransfer am modernen Weltfinanzmarkt, der von Zollschranken möglichst unbehinderte internationale Warenhandel und die freie Konvertierbarkeit der meisten Währungen sind gleichermaßen Ergebnis der neoliberalen Politik wie auch Voraussetzung für deren lang andauernden ökonomischen Erfolg. B) Für das Kapital werden neue Absatzmärkte im Inneren der nationalen Volkswirtschaften erschlossen: Gesellschaftliche Bereiche die bisher vor der kapitalistischen Verwertung geschützt waren, bzw. keine angemessene Profitrate versprachen, werden für die kapitalistische Verwertung hergerichtet. Mit der Privatisierung des öffentlichen Wohnungsbaus, der Luftfahrt und des Eisenbahnverkehrs, der Post und der Telekommunikation, des Gesundheitssektors und der Schulen und Universitäten wurde und wird anlagesuchendem Kapital mittels politischer Entscheidungen ein stetig wachsender Markt zur Verfügung gestellt. C) Verlagerungen der Produktion im Weltmaßstab erfordern riesige Kapitalinvestitionen in den Aufbau einzelner Werke oder ganzer Industriezweige. Mit Beginn der neuen internationalen Arbeitsteilung seit Ende der 70er Jahre wurden ganze Produktionsbereiche (z.B. Textilindustrie, Schiffbau) in Europa und Nordamerika weitgehend abgebaut und die Produktion in andere Weltteile ausgelagert. Die Umstrukturierung der weltweiten Industrieproduktion und die nachholende Kapitalisierung ganzer Nationen auf Weltmarktniveau - wie Brasilien, Korea und heute China und Indien - bietet dem Kapital immer neue Anlagemöglichkeiten. D) Kapital für das sich keine Verwertungsmöglichkeit mit angemessener Profitrate findet, wird vernichtet. Die Vernichtung überflüssigen Kapitals kann verschiedene Formen annehmen: die gewöhnliche wirtschaftliche Rezession, Spekulationsblasen (z.B. Internethype am Aktienmarkt 2001, Immobilienblase in den USA 2008), internationalen Schulden- und Währungskrisen (z.B. SO-Asienkrise 1997, Argentienien 2002), Inflation (z.B. Dollarkurs bei 1,50 Euro). (Anmerkung: Die aktuelle Finanzkrise in den USA ist nicht durch schlechte Manager und Politik verursacht, vielmehr hat die US-Bourgeoisie in den letzten drei Jahrzehnten so erfolgreich die amerikanischen Lohnabhängigen ausgepresst, dass für das auf diese Weise akkumulierte Kapital einfach auf der ganzen Welt keine sinnvolle Verwertungsmöglichkeit existierte. Der bewundernswert unverschämte Lösungsansatz der amerikanischen Kapitalistenklasse bestand darin, den Reichtum der aus den US-Lohnabhängigen herausgepresst worden war, den Lohnabhängigen für deren Hauskauf zur Verfügung zu stellen und die US-Lohnabhängigen für den von ihnen produzierten Reichtum an die Kapitalistenklasse noch einmal Zinsen zahlen zu lassen. Aber auch im Herzland der freien Welt und Paradies des Kapitals kann man einem nackten Mann nun mal nicht in die Taschen greifen.) E) Die kapitalistische Konkurrenz ist nur eine Scheinlösung: wenn sich kapitalistische Firmen gegenseitig Marktanteile wegkonkurrieren, kann das die Lösungsstrategie für einen einzelnen Betrieb sein. Dies ist aber keine Lösung des Problems zu kleiner Absatzmärkte für das gesellschaftliche Gesamtkapital, weil der gesamtgesellschaftliche Absatzmarkt dadurch nicht wächst Die neoliberalen Lösungsansätze für das Problem des technologischen Fortschritts: A) Es werden immer komplexere Güter produziert, für deren Herstellung ein ständig wachsender Kapitaleinsatz notwendig ist. So ist z.B. für die Produktion eines Audi A4 im Jahr 2008 ein unvergleichlich höherer Kapitaleinsatz erforderlich, als für die Produktion eines Audi 80 in den 70er Jahren. B) Grundlegende Umwälzungen in der Produktionstechnik erfordern riesige Investitionen. Hier ist die neoliberale Umgestaltung der Weltwirtschaft gleichsam Voraussetzung, Mittel und Ergebnis ihrer selbst. Die Entwicklung der modernen Informations- und Kommunikationstechnologie, ebenso wie z.B. die Organisation des internationalen Warenhandels mit Containerschiffen sind gleichermaßen Bedingung und Ziel des neoliberalen Akkumulationsmodells. 2. Welche gesellschaftlichen Entwicklungswege waren möglich? Der Lohnangriff auf die Profitrate, die schiere Größe des akkumulierten Kapitals und die Verkleinerung des internationalen Absatzmarktes eröffnete zwei historische Entwicklungsmöglichkeiten in der Organisation der Produktion und der Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums: 1. Die eine Entwicklunsgmöglichkeit hätte in Richtung sozialistischer Übergangsgesellschaft gewiesen, das heißt, ein immer größerer Teil des erzeugten Reichtums hätte zugunsten der ArbeiterInnenklasse verteilt werden müssen und die Akumulation hätte noch stärker als im Fordismus über den intensiven Ausbau der Konsumgüterindustrie verlaufen müssen. Gleichzeitig wäre eine allgemeine Verringerung der Arbeitszeit nötig und möglich gewesen. Die Produktion hätte in der Folge von der Schranke der bürgerlichen Produktionsverhältnisse (Privateigentum an den Produktionsmitteln) zunehmend befreit werden und die Produktion hätte sich von der Warenproduktion hin zu einer bedürfnisorientierten, gesellschaftlich geplanten Produktion verlagern müssen. Diese hätte international organisiert werden müssen. Für diese Entwicklung wäre die politische und ökonomische Entmachtung der Bourgeoisie, d.h. die Vergesellschaftung der wichtigsten Produktionsmittel (Nahrung, Energie, Verkehr, Kommunikation, Bankwesen) grundlegende Bedingung gewesen. 2. Der andere denkbare Entwicklungweg musste es der Bourgeoisie ermöglichen, die Profitrate auf ein angemessenes historisches Maß zurückzuführen und die Entwicklung der Produktivkräfte innerhalb der bürgerlichen Produktionsverhältnisse zu bewältigen: Das uneingeschränkte Kommando über die gesellschaftlichen Produktivkräfte musste wieder hergestellt und der Produktionsprozess den Notwendigkeiten kapitalistischer Akkumulation unterworfen werden. Der historische Angriff auf die Profitrate musste durch die Zerschlagung der Gewerkschaften vorbereitet und der freie Zugang auf die Märkte aller Länder durch Zurückdrängung des sozialistischen Lagers wieder hergestellt werden. Die Politik der Entspannung und des Klassenkompromisses musste durch eine Politik der Systemkonfrontation (die Entwicklung einer offensiven Atomkriegsstrategie mit Pershing II und Cruise Missiles) und des Klassenkampfs gegen die Lohnabhängigen abgelöst werden. Bekanntlich hat sich die Bourgeoisie durchgesetzt. Der Kapitalismus war eben schon immer in der Lage die politischen und ökonomischen Widersprüche, die sich aus der kapitalistischen Produktionsweise zwangsläufig ergeben, innerhalb der kapitalistischen Eigentumsverhältnisse zu lösen, solange die politische Herrschaft der Bourgeoisie nicht außer Kraft gesetzt war. Daher auch die Selbstverständlichkeit mit der M.argeret Thatcher T.I.N.A. als politisch-ökonomisches Konzept der machtbewussten angelsächsischen Bourgeoisie formulierte. Historischer Exkurs zur Mühsal der Kapitalverwertung innerhalb kapitalistischer Verhältnisse: Die kapitalistische Entwicklung ist seit 200 Jahren von großen Umbrüchen in der Produktionstechnik und der Ausbildung neuartiger Akkumulationsmodelle auf gesellschaftlicher Ebene gezeichnet. Die historisch bedeutsamen Umwälzungen in der Produktionstechnik waren die Dampfmaschine, die Eisenbahnen, der Elektromotor, das Automobil, die Informationstechnologie. Die Einführung jeder dieser neuen Technologien hatte eine Jahrzehnte währende Akkumulation über die weitgehende Erneuerung der Produktionsgüterindustrie der kapitalistischen Ökonomie zur Folge. Dies war eine jeweils Jahrzehnte währende Lösung für Akkumulationsprobleme die durch den technischen Fortschritts verursacht wurden. Die nächste große Umwälzung in der Produktionstechnik könnte mit der Umstellung der Produktion auf energiesparende und klimaschonende Techniken eingeläutet werden. Die Schaffung neuer Absatzmärkte für den Kapitalismus erfolgte in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts über die Aufteilung der Welt unter die führenden kapitalistischen Nationen als Absatzmärkte für das nationale Kapital. Als die Absatzmöglichkeiten in den Kolonien nicht mehr mit der Akkumulation des Kapitals mithalten konnten versuchten die kapitalistischen Nationen sich im ersten Weltkrieg mit Gewalt die ihnen bisher verschlossenen Absatzmärkte zu öffnen. Die 20er und 30er Jahre waren in Europa eine Zeit latenten Bürgerkriegs, die Revolution bedrohte den Kapitalismus existenziell, gleichzeitig war der Laissez-Faire-Kapitalismus ohne Staatsintervention seit Anfang der 30er Jahre nicht mehr funktionsfähig: die Reproduktion des Kapitals war weltweit ins Stocken geraten. Der deutsche Kapitalismus setzte mit dem Nationalsozialismus noch einmal auf bedingungslose Aufrüstung und im zweiten Weltkrieg auf einen weiteren Versuch der gewaltsamen Eroberung neuer Absatzmärkte. Nach dem zweiten Weltkrieg sicherte die Beseitigung der Kriegsschäden in Einheit mit der keynesianischen Politik der Erschließung zweier neuer innerer Märkte - der Anpassung der Löhne an die Produktivitätszuwächse des Kapitals und die durch Schulden finanzierte staatliche Wirtschaftstätigkeit – die Akkumulation des Kapitals. Dies war für drei Nachkriegsjahrzehnte die Lösung für das Problem zu kleiner Absatzmärkte. 3. Wie konnte das neoliberale Projekt auf politischem und ökonomischem Gebiet durchgesetzt werden? Voraussetzung für eine erneute Steigerung der Profitrate war auf politischer Ebene die Zerschlagung der kämpferischen Arbeiterbewegung Europas und Nordamerikas durch die neue Phase internationale Arbeitsteilung, die Ende der 70er Jahre begann, erreicht. T.I.N.A. war kein willkürliches ideologisches Konzept, sondern die realistische Einschätzung einer Macht bewussten Bourgeoisie: Für ein erfolgreiches Weiterbestehen des Kapitalismus gab es keinen anderen Weg. Auf ökonomischer Ebene wurden die Akkumulationsschwierigkeiten am Ende des Fordismus über eine grundlegende Umwälzung der Produktions- und Verkehrstechnik und die Schaffung neuer Absatzmärkte sowohl auf dem Weltmarkt als auch in den kapitalistischen Zentren überwunden. Gleichzeitig wurden die regulativen Strukturen für den neuartigen Weltkapitalismus geschaffen: WTO und IWF regeln heute den internationalen Waren- und Geldverkehr. Die Schaffung einer großen industriellen Reservearmee als entscheidender Vorbedingung um Ende der 70er den Angriff auf die Profitrate abzuwehren und den Lohnanteil zu senken, wurde über die Neustrukturierung der internationalen Arbeitsteilung und die forcierte Mechanisierung von Arbeitsabläufen ermöglicht. Im Rahmen der Neustrukturierung der internationalen Arbeitsteilung wurden die Sektoren der Leichtindustrie, des Bergbaus und der Schwerindustrie in den kapitalistischen Kernländern sehr umfassend reduziert. Die Produktion von Bekleidung, Spielzeug, einfacher Konsumartikel v.a. in asiatische Länder verlagert, wo in sog. freien Produktionszonen überaus günstige Ausbeutungsbedingungen auch für andere Produktionszweige geschaffen wurden. Eine neue Schwerindustrie wurde vermittels massiver Kapitaltransfers in den den sog. Schwellenländern Südamerikas und Asiens (Brasilien, Südkorea) aufgebaut. Der technisch aufwendige Bergbau in Westeuropa war nach der Liberalisierung des weltweiten Handels nicht mit der Tagebauförderung v.a. Australiens und Nordamerikas konkurrenzfähig und wurde eingestellt. Mit der Verlagerung der Leichtindustrie aus den Metropolen wurde die industrielle Reservearmee an ungelernten Arbeitskräften erhöht. Durch die Verlagerung der Schwerindustrie bzw. Beendigung des Bergbaus wurde die Reservearmee an FacharbeiterInnen erhöht und gleichzeitig die kampfstärksten Teile der ArbeiterInnenbewegung in Westeuropa und Nordamerika entscheidend geschwächt. Dieser Prozess greift seit der EU-Osterweiterung in immer massiverem Maße: die Belegschaft die sich nicht alles gefallen lässt, wird mit Betriebsverlagerung bedroht (das hat selbst die Politik der ehemals kampfstarken IG-Metall in den Betrieben der Automobilindustrie auf den Versuch der Besitzstandswahrung eingeschränkt). Dazu wurden nach 1989 Millionen Arbeitskräfte aus dem ehemaligen Ostblock nach Westeuropa geholt, um die Arbeitslosigkeit auf einem Niveau halten zu können, das gewerkschaftliche Gegenwehr nahezu unmöglich macht. Die gleiche Strategie kam in den USA zur Anwendung, wo große Teile der industriellen Produktion nach Asien ausgelagert und zig Millionen Arbeitsmigranten aus Lateinamerika und aller Welt importiert wurden. Gleichzeitig erreichten die Produktivkraftsteigerungen ein Ausmaß, das eine absolute Ausdehnung der Produktion bei absoluter Abnahme der benötigten Arbeitskräfte ermöglichte (einmodernes Stahlwerk produziert heute mit der Hälfte der Belegschaft doppelt so viel wie vor 20 Jahren). Diese qualitativ neuartige Entwicklung - bis in die 60er Jahre wurden die durch Produktivkraftsteigerung freigesetzten Arbeitskräfte immer wieder durch absolute Ausdehnung der Produktion in den Produktionsprozess integriert - ermöglichte es, die industrielle Reservearmee (die Arbeitslosigkeit) langfristig auf einem hohen Niveau zu halten und gleichzeitig die Produktion zu erhöhen. Durch Atomisierung der ArbeiterInnenklasse wurde die Lohnquote seit Anfang der 80er weltweit kontinuierlich gesenkt (der Lebensstandard in Afrika und Lateinamerika ist heute niedriger als 1980, die Reallöhne in Deutschland verharrten 20 Jahre auf dem Niveau von 1980, seit Ende der 90er sinken sie). Dem einheitlich agierenden Weltkapital stand eine völlig fraktionierte weltweite ArbeiterInnenklasse gegenüber. Das war die eine Quelle für den Akkumulationsschub des Neoliberalismus. Um die neue internationale Arbeitsteilung und die Durchsetzung des Wertgesetzes am Weltmarkt zu ermöglichen, musste gleichzeitig der weltweite Finanz- und Warenverkehr liberalisiert und neu reguliert werden! Exkurs zu bösen Heuschrecken und guten deutschen Kapitalisten: Die bösen Finanzmärkte als das Schreckgespenst einer verkürzten Kapitalismuskritik, die den Bereich der kapitalistischen Produktion weitgehend ausblendet, müssen nun die ganze kleinbürgerliche Kritik am Neoliberalismus auf sich nehmen. Der Kapitalismus als solcher wäre demnach gar nicht so schlecht, wenn er halt nur nicht auf dem erreichten Niveau kapitalistischer Akkumulation, d.h. im Weltmaßstab stattfinden würde und nicht zur Bereicherung der schlimmen amerikanischen Geldkapitalisten führen würde. Die deutschen Eigentümer des Produktionskapitals wären ja gar nicht so schlecht, weil die ja echte Gebrauchswerte produzieren lassen. Dass die Zirkulationssphäre und die Produktionssphäre im Weltmaßstab die zwei Seiten einer kapitalistischen Münze sind, das Finanzkapital in der Produktionssphäre erst erzeugt werden muss, bevor spekuliert werden kann, geht bei dieser Form der Kapitalismuskritik völlig unter. Auch dass die deutsche Bourgeoisie wesentlich rücksichtsloser ist in der Durchsetzung ihrer Interessen als die restliche europäische Bourgeoisie: Deutschland ist das einzige europäische Land in dem seit 2001 die Reallöhne gesunken sind. In Deutschland braucht es gar kein böses amerikanisches Finanzkapital um die Lohnabhängigen immer mehr auszupressen, das können unsere anständigen deutschen Produktionskapitalisten selbst viel besser. Mit der Osterweiterung der EU wurde den guten deutschen Produktionskapitalisten der rechtliche Rahmen geschaffen ihre Belegschaften mit der Androhung der Betriebsverlagerung in osteuropäische Billiglohnländer immer mehr Arbeit zu immer schlechterer Bezahlung abzunötigen. Auf politischer Ebene flankiert wurde der ökonomische Erpressungsrahmen durch die „alternativlose“ (Frank Steinmeier auf den Spuren M Thatchers) Hartz IV-Gesetzgebung ergänzt: jeder Lohnabhängige wird heute bei Arbeitslosigkeit mit dem Absturz in die völlige Armut bedroht und ist daher bereit sich auch für nahezu jeden schlecht bezahlten Scheißjob zu verkaufen und so durch seinen Niedriglohn mitzuhelfen die Profitrate für unsere deutschen Kapitalisten auf ein historisches Hoch zu stemmen.. Mit der Schaffung eines einheitlichen Weltfinanzmarkts und der erzwungenen freien Konvertierung nationaler Währungen (ein zentraler Bestandteil der legendären IMF-Strukturanpassungsprogramme in den 80ern) wurden die Voraussetzungen für die weltweite Durchsetzung des Profitinteresses des Kapitals geschaffen. Dies hatte weltweit die gleichen Folgen: das nationale Kapital der einzelnen Volkswirtschaften in Lateinamerika, Afrika und Asien wurde nieder konkurriert weil es mit der Produktivität des westeuropäischen und nordamerikanischen Kapitals nicht mithalten konnte und damit ein neuer weltweiter Absatzmarkt für die Produkte des Metropolenkapitals geschaffen werden konnte. Auf diese Weise konnten zum einen die geringere Kaufkraft der Lohnabhängigen in Europa und Nordamerika ausgeglichen werden (v.a. durch Konsum der Mittel- und Oberschichten Asiens, Afrikas, Lateinamerikas), zum anderen neue Absatzmärkte für die Produktionsgüterindustrie des europäischen und nordamerikanischen Kapitals geschaffen werden. Allerdings wurde diese Expansion zum Teil über Schuldenaufnahme der „Entwicklungs“-länder finanziert; die Kreditwürdigkeit der meisten Länder des Südens ist in den letzten 25 Jahren jedoch nicht besser geworden und stellt die kapitalistische Akkumulation in dem Bereich der internationalen Märkte wieder vor das grundlegende Problem, dass die Produktivkräfte schneller wachsen als die Absatzmärkte (daher auch die Absicht von IWF und Weltbank den hoffnungslos verschuldeten Ländern ihre Schulden so weit zu erlassen, dass sie wieder als Absatzmärkte in Frage kommen). Gleichzeitig konnte das Lohnniveau der hochqualifizierten Arbeitskräfte in den kapitalistischen Zentren durch die Produktion von immer preiswerteren Konsumgütern, die von extrem billigen und rechtlosen Arbeitskräften auf dem Weltmarkt hergestellt wurden, eingefroren werden: bei gleich bleibendem Reallohn konnten sich die qualifizierten Arbeitskräfte in den kapitalistischen Zentren immer mehr Gebrauchsgüter leisten. Die Profitrate in den kapitalistischen Zentren konnte so auf gesellschaftlicher Ebene durch die Senkung der Lebenshaltungskosten der Lohnabhängigen erhöht werden. Eine weitere Quelle für die neoliberale Akkumulation ist im Bereich technischer Entwicklungen zu suchen. Aufgrund effizienteren Transports (Luftfracht, Umstellung des Schiffshandels auf Container), besseren Marketings (Marktforschung, Werbung) und Umorganisation der Produktionsabläufe (Just-In-Time-Produktion) konnte die Umschlagszeit des Kapitals erhöht und die Fixkosten für Lagerhaltung reduziert werden. Gleichzeitig erlaubten die neuen Informationstechnologien eine effizientere Planung und Steuerung auch komplexer Produktions- und Distributionsprozesse und eine Dezentralisation der Produktion. Diese technischen Veränderungen waren gleichzeitig die materielle Grundlage für die Fähigkeit der Bourgeoisie die weltweite Umstrukturierung der Produktion und damit Zerschlagung der ArbeiterInnenklasse durchzusetzen. Die hauptsächlichen Merkmale der neoliberalen Akkumulationsphase sind in der Tabelle aufgelistet: Finanzsphäre Klassenkampf Produktionssphäre Weltweite Regulation des Finanzmarktes (IWF) und des Warenhandels (WTO): freie Währungskonkurrenz und freier Gewinntransfer; kapitalist. Konkurrenz kann im weltweiten Maßstab wirken; Atomisierung der ArbeiterInnenklasse im Rahmen der neuen internationalen Arbeitsteilung: Steigerung der Profitrate über weltweite Senkung des Lohnanteils absolute Ausdehnung der Produktion bei absoluter Einsparung von Arbeitskraft: Vergrößerung der industriellen Reservearmee Schaffung neuer innerer Märkte (Wohnen, Gesundheit, Bildung, Verkehr) Transportmaschinen(v.a. Container): Beschleunigung der Umschlagszeit des Kapitals Abschaffung von Schutzzöllen in den sich neu industrialisierenden Staaten: neue Absatzmärkte durch Zerstörung der Nationalökonomien Lateinamerikas und Afrikas. Die EU und NAFTA wachsen schneller als die gewerkschaftlichen und politischen Organisationsstrukturen der Lohnabhängigen Steuerungsmaschinen: effektivere Produktion und Dezentralisaton; just-in-time-production. Weniger Kapital als Rohstoff und Ware gebunden Exkurs zu Klassenkampf und Kapitalverwertung in der US-Ökonomie Die neoliberale Struktur des US-Kapitalismus, die sich in den 80er und 90er Jahren herausgebildet hat, entsprach zunehmend einer “Rentiers- und Raubökonomie”. Die kapitalistische Produktion von Mehrwert im industriellen Sektor wird immer mehr reduziert und die Aneignung von Zins und Grundrente im internationalen Maßstab gewinnt zunehmend an Bedeutung. Die Entwicklung der US-Binnenökonomie wurde über die zunehmend externe Finanzierung des Staatshaushaltes ermöglicht. Nationen, die hauptsächlich für den Export in die USA produzierten, kauften für die erwirtschafteten Dollars US-Staatsanleihen. Dieser Ablauf des Geschäfts ermöglichte den exportierenden Ländern den Dollar gegenüber der eigenen Währung niedrig und so den Absatzmarkt USA geöffnet zu halten. Die USA konnten auf diese Weise Waren importieren, die sie mit selbst gedruckten Dollars bezahlten. Dieses Verfahren konnte natürlich nicht unbegrenzt funktionieren, da auch der US-Markt nicht unbegrenzt groß ist. Als erste Exportnation musste dies Japan erfahren, das Anfang der 90er gezwungen wurde den Yen aufzuwerten und Importbeschränkungen hinzunehmen. Da die USA auf Grund ihrer militärischen Stärke und ihrer immer noch fortdauernden Bedeutung als Absatzmarkt für Japan nicht dazu gezwungen werden können, die ganzen in Japan gehorteten Dollars und Staatsanleihen einzulösen oder die schönen japanischen Waren in immer größerem Maßstab zu kaufen, sitzt die japanische Bourgeoisie auf einem Haufen Schuldscheinen, der nichts wert ist und einem Produktionskapital, das nicht angemessen verwertet werden kann.[3] Voraussetzung für die Funktionsfähigkeit dieses amerikanischen Wirtschaftsmodells ist die einzigartige ökonomische und militärische Stärke der USA gewesen. Diese einzigartige Machtstellung des USA ermöglichte sowohl die kreditfinanzierte US-Ökonomie der 80er und 90er als auch die Durchsetzung des neoliberalen Akkumulationsmodells im Weltmaßstab über die Institutionen des IWF und der WTO. Die Durchsetzung des neoliberalen Akkumulationsmodells durch die USA hatte die Unterstützung der europäischen und japanischen Bourgeoisie gefunden, da auf diese Weise neue Absatzmärkte für alle imperialistischen Ökonomien geschaffen wurden und durch Produktionsverlagerungen die europäischen und japanischen Lohnabhängigen zu drastischen Lohneinbußen gezwungen werden konnten. In den USA ermöglichte die Politik der Internationalisierung der Produktion die Zerschlagung der US-amerikanischen ArbeiterInnenbewegung und die weitestgehende Senkung der Sozialstandards. Der Gesundheitssektor wurde durchkapitalisiert und auf die Bedürfnisse der Bourgeoisie ausgerichtet, das durchkapitalisierte Bildungssystem produziert noch ausreichend Führungskader, das technische Personal wird international akquiriert. In diesen Bereichen konnte zum einen der Staatshaushalt maximal entlastet werden und zum anderen ein entscheidender Vorsprung auf dem Gebiet der kapitalistischen Gesundheits- und Bildungsökonomie erarbeitet werden. Die Globalisierungsstrategie der US-Bourgeoisie kann nur funktionieren, solange - Für das US-Kapital weltweit Anlagemöglichkeiten existieren. - der internationale Gewinntransfer nicht eingeschränkt wird; - die Kosten für die militärische Absicherung des neoliberalen Modells v.a. auf die ausgebeuteten Staaten übertragen werden können; - die Stellung des Dollar als einzige Weltwährung nicht angegriffen wird; - der außerordentlich hohe Energieverbrauch der USA weiterhin mit Dollars bezahlt werden kann. Klassenkämpferische Anmerkung: Die ersten drei der fünf gerade aufgeführten Punkte müssen Bestandteil einer linken Strategie gegen den US-Imperialismus sein. Die letzten zwei Punkte sind der Kern der imperialistischen Konkurrenz zwischen den USA und der EU. Die USA und der südostpazifische RaumDer südostasiatische Wirtschaftsraum bildet mit der US-Ökonomie eine untrennbare Einheit. Die ökonomischen Zusammenhänge in diesem Wirtschaftsraum sind die Grundlage für die immer noch erfolgreiche Akkumulationsstrategie des US-Imperialismus. Dem südostasiatischen Raum kommt die Schlüsselrolle bei der zunehmenden Deindustrialisierung der USA zu (die US-Autoindustrie ist 2008 nur noch mit staatlichen Subventionen existenzfähig), wie auch die externe Finanzierung des US-Staatshaushalts über die wirtschaftliche Entwicklung SO-Asiens finanziert wird. Die Funktionsweise dieses Modells in den letzten 25 Jahren wurde bereits oben erwähnt. China könnte heute die ökonomische Rolle übernehmen, die Japan in den 80ern und 90ern für den US-Imperialismus hatte. Die USA werden oder sind der wichtigste Absatzmarkt für die Produkte der sich in der so-asiatischen Region industrialisierenden Länder. Diese sind gezwungen die verdienten Dollars nicht zu verkaufen, da ansonsten der Kurs der eigenen gegenüber der US-Währung zu stark werden würde. Dadurch würden diese Länder sich ihren wichtigsten Absatzmarkt und ihre eigene wirtschaftliche Entwicklung beschneiden. Also bleibt diesen Ländern nichts übrig als US-Staatsschulden zu kaufen und den US-Haushalt zu finanzieren. Hier würde ein bekanntes Schlagwort über den englischen Imperialismus mit um 180° gewendeter Aussage auf die USA zutreffen: Die Welt als Werkbank der USA. Der Unterschied zwischen Japan und China besteht darin, dass 1. China militärisch und damit politisch von den USA unabhängig ist. 2. die organisierte Arbeiterklasse in den USA schon in den 80ern durch Internationalisierung der US-Produktion zerschlagen wurde. Die chinesischen Importe drohen nicht nur die Sockelarbeitslosigkeit für die Aufrechterhaltung eines niedrigen Lohnniveaus immer mehr zu vergrößern, sie konkurrieren immer mehr eh schon billige und willige US-Arbeitskräfte weg. Wachsen die chinesischen Importe weiter an, nimmt die Zahl der Überflüssigen einfach zu, was Folgen für die politische Stabilität der USA haben kann. 3. China ein wichtiger Anlagemarkt für US-Kapital ist. Die US-Bourgeoisie verwertet ihr Kapital in China, die Realisierung des Mehrwerts erfolgt über Verkauf des Geraffels auf dem größten Absatzmarkt Chinas, den USA. Diese Realisierung des Mehrwerts wird aber durch Aufkauf von Dollars durch China finanziert. Dem Zyklus G-W-G’ über Währungsgrenzen hinweg, sind jedoch klare Grenzen gesetzt: Wenn die Zinslast für die Finanzierung des Außenhandelsdefizits sich der Zinsrate des im anderen Währungsraum angelegten Kapitals annähert, findet keine Verwertung mehr statt. Die US-Bourgeoisie steht im Falle Chinas vor der Wahl zwischen Pest und Cholera: entscheidet sie sich für einen besseren Schutz der nationalen Industrie vor der chinesischen Konkurrenz, wirkt das negativ auf die Verwertungsrate. Entscheidet sie sich für optimale Verwertung des US-Kapitals in China, werden die Klassenauseinandersetzungen in den USA zunehmen und die Finanzierung des US-Staatshaushalts wird in zunehmendem Maße vom politischen Willen Chinas abhängig gemacht. Jochen Grob Oktober 2008 [1] Unter Klassenkampf wird hier der politische und ökonomische Kampf zwischen den wichtigsten Klassen der kapitalistischen Gesellschaft, den Lohnabhängigen und den Kapitalbesitzern verstanden. Diese führen einen ökonomischen Kampf um die Verteilung des erzeugten gesellschaftlichen Reichtums und einen politischen Kampf um die Gestaltung der gesellschaftlichen Reproduktionsstrukturen. [2] Dieser Widerspruch wird von J.M. Keynes in seinem ökonomische Hauptwerk Allgemeine Theorie der Beschäftigung, des Zinses und des Geldes zu Grunde gelegt. Keynes versucht für den Widerspruch zwischen gesellschaftlicher Produktion und privater Aneignung des Reichtums eine Lösung innerhalb der kapitalistischen Eigentumsformen zu entwickeln. Jedoch kommt auch er zu dem Schluss, dass eine solche Lösung theoretisch nur denkbar ist, wenn die individuellen Kapitalisten politisch entmachtet werden und der Staat die Steuerung der Wirtschaft übernimmt. Wie anders als durch Planung könnte die gesellschaftliche Produktivität dem gesellschaftlichen Konsum angeglichen werden? [3] Die japanische Bourgeoisie hat das Pech, dass es ihr nicht gelang sich wie die deutsche Bourgeoisie einen gesicherten großen Heimatmarkt zu schaffen. Ein Konstrukt wie die EU ist in SO-Asien unter japanischer Führung undenkbar: zum einen sind die Vorbehalte gegenüber dem japanischen Imperialismus politisch nicht zu überwinden, zum anderen verfolgen alle Länder in diesem Wirtschaftsraum die gleiche ökonomische Strategie wie Japan. |
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Oktober 2020
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